Lässt es bärig laufen: Marcel Hirscher.

Val d'Isere – Die alpinen Skiherren schlagen nach den Überseerennen für die kommenden acht Wochen ihre Zelte wieder in Europa auf. Fortgesetzt wird das Programm mit je einem Riesentorlauf und Slalom in Val d'Isere. Beaver-Creek-Sieger Hirscher ist für den Riesentorlauf am Samstag Top-Favorit, im Slalom sind nach dem Kreuzbandriss von Levi-Sieger Felix Neureuther die Karten neu gemischt.

Hirscher hatte in den USA einen triumphalen Sieg gefeiert, es war erst sein zweites Rennen nach dem Knöchelbruch im August. Hinter dem Norweger Henrik Kristoffersen und dem Deutschen Stefan Luitz zeigte der Tiroler Manuel Feller als Vierter auf. Ansonsten schaffte es aus dem ÖSV-Team nur Marcel Mathis (27.) in die Punkteränge. Vizeweltmeister Roland Leitinger schied aus. Ebenso wie die Speed-Spezialisten Matthias Mayer und Hannes Reichelt, sie lassen das Rennen in Hochsavoyen aus.

Zwölf Stockerlplätze für Hirscher

Bisher ist Hirscher bei Rennen in Val d'Isere zwölfmal auf dem Stockerl gestanden, fünfmal war er dabei Erster (vier Riesentorläufe, ein Slalom). Vor einem Jahr schauten in zwei Riesentorläufen und einem Slalom jeweils zweite Plätze heraus. Es siegten im Vorjahr in den Riesentorläufen Mathieu Faivre und Alexis Pinturault aus dem Lager der Gastgeber, den Slalom entschied Kristoffersen für sich.

Pinturault will nach der Enttäuschung von Rang zwölf in Beaver Creek auf Heim-Terrain zurückschlagen. Mut gab ihm die drittschnellste Laufzeit im zweiten Durchgang – 0,37 hinter dem Schnellsten Hirscher. "Eine untypische Strecke, die anspruchsvollste im ganzen Zirkus", sagte Pinturault. "Ich werde versuchen, sie zu zähmen, du musst schneidig ans Werk gehen, darfst hier nicht zögerlich vorgehen."

Während Hirscher und Feller erst am Freitagabend in Val d'Isere ankamen, hatten die anderen ÖSV-Läufer bereits das Eis auf der Face de Bellevarde spiegeln sehen.

Hirscher auf der Reiteralm

Österreichs "Sportler des Jahres" hatte bis zum letzten Moment noch auf der Reiteralm trainiert, um nach seiner Knöchelverletzung weiter an Boden gutzumachen. Da kam es dem sechsfachen Weltcup-Gesamtsieger gar nicht so ungelegen, dass die Startnummernauslosung am Abend wegen starken Windes aus Sicherheitsgründen abgesagt wurde. "Das ist mir nicht unangenehm. Ich brauche eh ein bisserl Zeit. Im Moment mache ich jeden Tag zwei Einheiten. Einmal Riesentorlauf, einmal Slalom, das ist zwar nicht sehr sinnvoll, aber ich muss Zeit aufholen", erklärte Hirscher.

Sein Teamkollege Feller meinte, dass dies wohl gar nicht so nötig wäre. "Der hat in den letzten Jahren so viel mehr als wir trainiert, dass ihm das gar nicht auffällt, dass er jetzt ein bisserl weniger trainiert hat", vermutete Feller.

Ob Hirscher nach dem Riesentorlauf-Sieg in den USA gleich so weitermachen kann? "Das war nur eine Momentaufnahme. Es kann schon sein, dass es weitergeht, aber es kann auch sein, dass ich irgendwann die Rechnung präsentiert bekomme für die fehlenden Trainings-Kilometer. Ob und wann das kommt, weiß ich nicht, aber irgendwann muss sich das auswirken", glaubt der 28-jährige Salzburger.

Hirscher und die Freude auf den Hausberg

Die Rückkehr nach Val d'Isere könnte aber neue Energien freischaufeln. "Es ist immer eine Freude daherzukommen, weil das ist mein erfolgreichster Berg", erklärt Hirscher. "Da habe ich am meisten gewonnen, da habe ich meine größten und meine ersten Erfolge gefeiert. Das ist für mich wie ein Hausberg und der ist richtig maßgeschneidert." Die Unbekannten sind für ihn freilich auch die Bedingungen. Der Hang ist schwierig und steil und unter dem Neuschnee ist es eisig. "Ich weiß nicht, ob ich dafür auch schon das richtige Set-up habe. Es wird kein Honigschlecken da runter."

Hinter seiner Slalomform stehe ohnehin ein "großes Fragezeichen", meinte Hirscher. Wegen der Umstellung auf die neuen Riesentorlauf-Ski habe er den Torlauf vor Beaver Creek sehr vernachlässigt. Darum hat er sich nach seiner Rückkehr nur am Mittwoch einen Ruhetag wegen dem Jetlag gegönnt, am Donnerstag und Freitag aber je zwei Slalom- und Riesentorlaufeinheiten heruntergespult.

Leitinger spekuliert mit Stockerlplatz

Leitinger will unbedingt in die Top Fünf. "Beaver Creek habe ich abgehakt. Es war ein blöder Fehler. Echt schade, weil ich in guter Form bin. Wenn alles läuft, kann ich jederzeit aufs Stockerl fahren", sagte der Salzburger, der eine spannende Riesentorlaufsaison erwartet. "Das wird eine echte Challenge. Die neuen Ski kann man richtig runtertreten, da musst du jede Hundertstel mit Kampfgeist rausquetschen."

Slalom-Spezialist Michael Matt gibt auf Weltcupebene sein Debüt im Riesentorlauf. "Ich habe Riesenfortschritte gemacht. Es ist ein technisch anspruchsvoller Hang, der mir voll entgegenkommt. Top 30 wäre ein Wahnsinn, aber ich traue mir das zu", sagte der Tiroler. Startplätze sind auch deshalb frei geworden, weil die jungen Österreicher die Europacuprennen in Trysil fahren.

Im Slalom fehlt mit Neureuther der Sieger des bisher einzigen Saisonrennens, Kristoffersen wird seine Top-Favoritenrolle gegen Hirscher zu verteidigen versuchen. Beim Auftakt in Levi war der Salzburger nach Halbzeitrang vier letztlich 17. geworden, hatte aber noch deutlichen Trainingsrückstand und sich erst sehr kurzfristig überhaupt zum Antreten entschieden.

Neuer Anlauf für ÖSV-Slalom-Herren

Österreichs Slalomherren werden versuchen, den schwachen Start vergessen zu machen, hatte es doch niemand in die Top Ten geschafft. Marco Schwarz war 13., Michael Matt 14. und Christian Hirschbühl 20. Feller und Marc Digruber schieden im Finale aus. "Levi war ein komisches Rennen, ich habe nie ein Gefühl dafür bekommen. Ich habe bei den Wellen viel Zeit liegen gelassen", fand Matt eine Erklärung.

Er rechnet ebenso wie seine Teamkollegen schon wieder stark mit Hirscher. "Ein Berg, wie für Marcel gemacht. Aber es ist auch mein Lieblingshang", sagte Digruber. "Es ist sicherlich der schwierigste Hang. Ich habe viel an meinen Fähigkeiten im Steilen gearbeitet. Ich hoffe, das sieht man am Sonntag", meinte Schwarz. "Ich bin schmerzfrei und erwarte mit eine Steigerung zu Levi. Mein Ziel sind die Top 15", erklärte Hirschbühl, der sich Mitte Oktober einen Innenbandeinriss im linken Knie und einen "Bone Bruise" im Schienbeinkopfbereich zugezogen hatte. (APA; 8.12.2017)

ÖSV-Team für Val d'Isere – Riesentorlauf am Samstag (9.30/12.30 Uhr/live ORF eins): Marcel Hirscher, Manuel Feller, Roland Leitinger, Stefan Brennsteiner, Marcel Mathis, Magnus Walch, Michael Matt, Christian Hirschbühl, Marco Schwarz

Slalom am Sonntag (9.30/12.30 Uhr/live ORF eins):
Hirscher, Feller, Marc Digruber, Matt, Hirschbühl, Schwarz