Als Raucher plädiert das Oberhaupt der evangelischen Kirche für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie.

Regine Hendrich

Linz – Unter der breiten Krempe des schwarzen Hutes blitzt ein fast noch breiteres Lächeln hervor. Michael Bünker sieht entspannt aus. Was durchaus beachtlich ist – hat doch der evangelische Bischof mit seinen Getreuen ein Jahr durchgefeiert. Aber offensichtlich schöpfte man entsprechend Kraft aus dem großen Reformationsjubiläum. Es habe beiden Seiten "einfach gutgetan", zieht Bünker im STANDARD-Gespräch eine durchwegs positive Bilanz. Das evangelisch-lutherische Kirchenoberhaupt hat mittlerweile bei einem Espresso – schwarz wie der Hut – im Bischöflichen Priesterseminar der Diözese Linz Platz genommen. Für die jüngste Synode der evangelischen Kirche hat man sich beim religiösen Mitbewerber eingemietet. Man mag das durchaus als Zeichen eines ökumenischen Aufschwungs sehen.

Bünker zitiert diesbezüglich gerne den Münchner Erzbischof Reinhard Marx, der meinte, dass "der Grundwasserspiegel des Vertrauens" im Jubiläumsjahr gestiegen sei. Dafür gelte es, dankbar zu sein. Bünker: "Es war ein sehr erfolgreiches Jahr für die evangelischen Kirchen. Es ist doch beachtlich, dass offensichtlich eine dreiprozentige Minderheit weit dar über hinaus eine öffentliche Aufmerksamkeit findet mit dem, wofür sie steht. Und dass Reformation etwas ist, das die Menschen anspricht." Doch was bleibt aus ökumenischer Sicht? Bünker: "Die Verbundenheit ist gestiegen. Damit hätten wir noch vor fünf Jahren nicht rechnen dürfen. Was natürlich sehr stark mit der Person des Papstes zusammenhängt." So hätte ihn etwa die Teilnahme von Papst Franziskus am Treffen des Lutherischen Weltbundes (LWB) anlässlich des Reformationsjubiläums im südschwedischen Lund "durchaus überrascht".

Klimaprobleme

Mehr Sorgenfalten tun sich im bischöflichen Gesicht hingegen abseits der eigenen vier Kirchenwände auf. Vor allem die politische Neuordnung stimmt Bünker zunehmend nachdenklich: "Bei den großen Herausforderungen wie dem Klimawandel oder im Bereich der Energiepolitik muss gehandelt werden. Von der künftigen Bundesregierung habe ich aber dazu noch nicht viel vernommen." Es würde der "Mut zur Veränderung" fehlen.

Unsicher sei er sich auch bei den großen sozialen Herausforderungen. Etwa im Flüchtlings bereich: "Im Bereich Asyl und Migration war zu erwarten, dass eine rigidere Gangart gewählt wird. Das gesellschaftliche Klima wird sich dadurch aber nicht verbessern. Auch im Bereich der Mindestsicherung findet der Bischof klare Worte: "Die Behauptung, dass nur diejenigen aus diesem Topf etwas bekommen können, die eingezahlt haben, ist schlicht und einfach falsch." Die Mindestsicherung sei kein "Ver sicherungssystem", sondern ein "Fürsorgesystem". Bünker: "Auch alle österreichischen Kinder kriegen Vorleistungen, ohne eingezahlt zu haben – etwa im Bereich der Schule oder der Gesundheit."

Gegen "Religionsprüfungen"

Der evangelische Bischof sieht auch ein Problem darin, dass in den Asylverfahren insbesondere Betroffene, die sich taufen ließen oder sich zum Christentum bekennen, oft einer "Religionsprüfung" ausgesetzt seien, die "wahrscheinlich 90 Prozent der angestamm-ten Mitglieder der evangelischen Religionsgemeinschaft" nicht bestehen würden. Bünker: "Da maßt sich eine staatliche Behörde eine Kompetenz an, die sie nicht hat."

Ob er befürchte, dass das soziale Klima kälter werde? Bünker: "Sicher ist, dass sich die Gegen sätze in der Gesellschaft verschärfen." Etwa die Vermögensverteilung sei "enorm" ungerecht. Geplante Maßnahmen dagegen habe er nicht vernommen.

Der wohl lauteste aller öster reichischen Bischöfe plädiert nun für mehr Kirchenpräsenz: "Wir sind Agenturen des sozialen Zusammenhalts. Und da kommt auf die Kirchen einiges zu. Wir müssen als Kirche deutlich mehr Kante zeigen. Kirchen müssen etwas Widerständiges haben. Manchmal sind wir einfach zu wenig deutlich." In einem politisch brisanten Bereich hat Bünker übrigens eine klare Position: "Ich bin, auch als Raucher, für ein generelles Rauchverbot in der Gastronomie." (Markus Rohrhofer, 8.12.2017)