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Bei Ausschreitungen am "Tag des Zorns" gegen USA und Israel gab es Opfer – der Protest fiel aber nicht so schwer aus wie befürchtet.

Foto: Reuters / Mussa Qawasma

Für den ersten Freitag, nachdem US-Präsident Donald Trump Jerusalem als Israels Hauptstadt anerkannt hatte, waren gewalttätige Massendemonstrationen empörter Palästinenser befürchtet worden – doch in Jerusalem selbst blieb es zunächst relativ ruhig. Wie am muslimischen Ruhetag üblich, fanden sich rund 30.000 Gläubige zum Gebet in und vor den Moscheen auf dem Tempelberg ein, der Großteil ging dann friedlich auseinander.

Kurz danach gab es beim Damaskus-Tor Reibereien, als einige Hundert palästinensische Männer und Frauen Parolen riefen und von israelischen Polizisten auseinandergetrieben wurden.

Tempelberg-Zugang erlaubt

Bei Zusammenstößen am Rand des Gazastreifens wurden zwei Palästinenser erschossen. Die radikalislamische Hamas in Gaza hatte zu einer neuen Intifada, einem Aufstand gegen Israel, aufgerufen. Unruhen wurden von rund 30 Orten im Westjordanland gemeldet. Palästinenser zündeten Reifen an und warfen Steine auf israelische Soldaten, diese setzten Tränengas und Gummigeschoße ein. Nach palästinensischen Angaben wurden Dutzende verletzt.

Im Westjordanland hatte die israelische Armee nach eigenen Angaben ihre Präsenz vorbeugend verstärkt. In Jerusalem, wo die Polizei für die Sicherheit zuständig ist, waren die israelischen Behörden ein kalkuliertes Risiko eingegangen und hatten auch jungen Palästinensern die Teilnahme an den Gebeten auf dem Tempelberg erlaubt – ein Indiz dafür, dass nicht mit schweren Ausschreitungen gerechnet wurde.

Am Donnerstag hatte sich Israels Premier Benjamin Netanjahu noch einmal überschwänglich für Trumps Schritt bedankt. "Präsident Trump hat sich für alle Zeit in die Annalen unserer Hauptstadt eingetragen". Frustriert zeigte sich hingegen der Palästinenserpräsident: "Die Entscheidung von Präsident Trump ist völlig inakzeptabel", sagte Mahmud Abbas. "Wir denken, dass die USA damit auf ihre politische Rolle im Nahen Osten verzichtet haben."

Reaktionen in der arabischen Welt

In arabischen Städten von Tunis bis Bagdad trugen derweil Zehntausende ihre Wut auf die Straße. In Kairo war die al-Azhar Moschee das Zentrum. Unter den Augen einer großen Polizistenschar demonstrierten Hunderte Gläubige, darunter auch Frauen, ihre Solidarität mit Jerusalem.

Auch die Predigt in allen Moscheen Ägyptens galt diesem Thema. Lehrer wurden angewiesen, die Frage im Unterricht aufzunehmen. Zu eigentlichen Massenprotesten kam es in Ägypten – wo der Tahrir- Platz und die Umgebung der US-Botschaft hermetisch gesperrt war – nicht. Die zahlenmäßig größten Aufmärsche sah Jordanien, wo die Mehrheit der Bevölkerung Palästinenser sind. Am Donnerstag und am Freitag gingen Zehntausende auf die Straße.

Die Proteste und Solidaritätskundgebungen in den arabischen Ländern nahmen unterschiedliche Formen an. Der tunesische Präsident bestellte den amerikanischen Botschafter ein, nachdem sich auf den Straßen von Tunis viele wütende Demonstranten Luft gemacht hatten. Eine schiitische Miliz im Irak drohte mit Anschlägen gegen US-Soldaten. In Saudi-Arabien, das sich Donald Trump als Verbündeter angedient hatte, fand man zwar Mittwoch kritische Worte – am Freitag vermieden die staatlichen Medien aber möglichst, sich noch einmal mit dem Thema zu befassen.

Gipfel in Ankara

Im nächtlichen Beirut leuchteten Bilder der al-Aqsa Moschee und der Grabeskirche auf den Wänden des Serail. Zu einer Großdemonstration hat Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah im Libanon für Montag aufgerufen.

Der türkische Präsident Tayyip Erdogan trieb weiter seine Krisendiplomatie voran und sprach unter anderen mit Papst Franziskus und dem russischen Präsidenten. Wladimir Putin wird Montag zu Beratungen nach Ankara kommen, was die zunehmende Rolle Russlands im Nahen Osten auf Kosten der USA unterstreicht. Für Mittwoch lud Erdogan die Führer der islamischen Staaten zu einem Gipfel ein. (Ben Segenreich aus Tel Aviv Astrid Frefel aus Kairo Markus Bernath, 8.12.2017)