Wien – Am 7. April 2006 ist der Gambier Bakary J. bei einem erfolglosen Abschiebeversuch von Wega-Beamten in einer Lagerhalle gefoltert worden. Die durch das Extremerlebnis ausgelöste posttraumatische Belastungsstörung und Persönlichkeitsänderung wird den 44-Jährigen womöglich ein Leben lang begleiten. Das sagte Gerichtspsychiater Karl Dantendorfer in einem dem "Kurier" vorliegenden neuen Gutachten.

Panikattacken und Depressionen

Die Polizisten sind mit bedingten Strafen davongekommen. Erst sechs Jahre später wurden drei Beamte aus dem Dienst entfernt. Der Kampf um Entschädigung ist für das Opfer ein andauernder Spießrutenlauf: Mehrere Sachverständige attestierten J. eine durch das Foltererlebnis ausgelöste schwere posttraumatische Belastungsstörung mit Panikattacken und Depression.

Die Republik Österreich zahlte 110.000 Euro, der Betrag war rasch von Therapiekosten aufgezehrt. Die Anwälte Nikolaus Rast und Susanne Kurtev klagten weiteres Schmerzengeld ein.

Körperliche Leistungsfähigkeit nicht mehr gegeben

Ein vom Gericht bestellter Psychiater wischte die früheren Gutachten vom Tisch und wertete die Beschwerden des Opfers als "Unbill". Das Gericht wies daher die Klage ab, doch wurde dieses Urteil aufgehoben. Laut dem neu bestellten Sachverständigen Dantendorfer ist eine "vollständige Wiederherstellung des Zustandes vor dem Vorfall vom 7. April 2006" nicht erreichbar, die frühere körperliche Leistungsfähigkeit ist nicht mehr gegeben, berichtete die Tageszeitung am Sonntag.

In der Untersuchung sei herausgekommen, dass J. ständig das Gefühl hat, er sei in Gefahr, man habe etwas mit ihm vor. Die Angst ist sein lebenslanger Begleiter. Der Sachverständige schätzt dem Blatt zufolge die Schmerzperioden inklusive der Annahme des langsamen Abklingens über zehn bis 15 Jahre auf 50 Tage schwere, 660 Tage mittlere und 640 Tage leichte Schmerzen ein.

Mit einem in Wien üblichen Schmerzengeldtarif käme man auf insgesamt 232.000 Euro. Das wäre die höchste je zugesprochene Summe.

Der Richter muss nun eine Globalbemessung vornehmen und dabei auch die Lebensumstände berücksichtigen, heißt es im "Kurier". Dabei könne auch eine höhere Summe herauskommen. (APA, 10.12.2017)