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Laurent Wauquiez gilt als Hardliner – viel wird davon abhängen, ob sein Kurs nicht die moderateren Republikaner verprellt.

Foto: REUTERS/Robert Pratta/File Photo

Paris – Seine Haare sind schon grau – dabei ist Laurent Wauquiez nur zwei Jahre älter als Emmanuel Macron. Und voller Talent und Tatendrang. "Heute Abend können wir sagen: Die Rechte ist zurück!", rief er am Sonntagabend vor seinen Fans aus, als bekannt wurde, dass sie ihn mit 75,4 Prozent der Stimmen zum neuen Chef der Republikaner gewählt hatten. Seine Widersacher Florence Portelli und Maël de Calan blieben mit 16,1 und 9,3 Prozent so weit zurück, dass ein zweiter Wahlgang in einer Woche gar nicht mehr nötig ist.

Unbestreitbare Legitimität

Wauquiez galt als klarer Favorit der ehemals gaullistischen Partei RPR, die Jacques Chirac gegründet und Nicolas Sarkozy in Les Républicains (LR) umbenannt hatte. Der agile 42-jährige Regionalpolitiker aus Lyon war der Einzige, der die diesjährige Präsidentenwahl und das Desaster seines Parteikollegen François Fillon einigermaßen unbeschadet überstanden hatte. Seine Legitimität ist unbestreitbar: Entgegen den Befürchtungen gingen fast 100.000 Républicains – 42 Prozent der eingeschriebenen Parteimitglieder – an die Urnen.

Und doch vermochte Wauquiez keine Welle der Begeisterung wie seinerzeit Chirac oder Sarkozy auszulösen. Laut Umfragen wünscht sich nur ein Drittel der Sympathisanten, dass ihr neuer Parteichef auch bei der Präsidentenwahl 2022 antritt – und dann höchstwahrscheinlich Macron herausfordert. Der ambitionierte Eliteschulabgänger, der als Markenzeichen einen roten Parka trägt, verströmt ebenso wenig menschliche Wärme wie der Staatspräsident. Stets in Eile und ohne falsche Rücksichtnahmen, ist er berüchtigt für wütende SMS-Kommentare – und dafür, dass er sie gerne an die Falschen schickt.

Früher Europaminister

Politisch gibt sich Wauquiez stramm rechts. Das war nicht immer so: Nach den Spitzenhochschulen Sciences Po und ENA hatte er sich zuerst den gemäßigten und proeuropäischen Konservativen zugewandt und war deshalb 2010 auch Europaminister Sarkozys geworden. Heute verkörpert er den rechten Flügel der Republikaner. Bewusst ließ er im Regionalrat des Großraums Lyon, dem er seit 2016 vorsteht, Weihnachtskrippen aufstellen, obwohl die Gerichte in öffentlichen Gebäuden eine strikte religiöse Neutralität fordern.

Ebenso bewusst nimmt der neue Republikaner-Chef die Themen des Front National auf, auch wenn er betont, dass jede Allianz oder auch nur Absprache mit den Rechtsextremen von Marine Le Pen für ihn "ausgeschlossen" sei. Die Zeitung "Le Parisien" fand mehrere identische Zitate von Wauquiez und Le Pen – etwa über die "christlichen Wurzeln" Frankreichs oder das "Sieb der EU-Grenzen gegenüber den Migranten". Le Pen bezichtigte Wauquiez vergangene Woche offen des Ideenraubs.

Wauquiez‘ Stellungnahmen beruhen wohl auf der zutreffenden Analyse, dass nach Macron und der Niederlage der Ultranationalistin Le Pen bei der Präsidentenwahl einzig auf der Rechten neue Stimmen zu holen sind. Solange Macron politisch so breitflächig abräumt, haben die Republikaner wohl nur dann eine Chance, wenn sie sich – anders als der Staatschef – politisch eindeutig positionieren.

Gefahr der Flügelkämpfe

Die Gefahr für Wauquiez liegt darin, dass ihm der liberale und "europäische" Parteiflügel rund um Ex-Premier Alain Juppé den Rücken zukehren könnte. Diverse Minister – darunter Regierungschef Edouard Philippe – sind bereits zu Macron übergelaufen. In der Nationalversammlung bilden gemäßigte Republikaner eine Fraktion der "Konstruktiven" hinter dem Staatschef.

Jean-Christophe Lagarde, der Vorsteher der bürgerlichen Zentristenpartei UDI, schloss vergangene Woche aus, die traditionelle Rolle eines Juniorpartners der Republikaner zu spielen, solange der "Hardliner" Wauquiez seinen Kurs durchziehe. Diesem droht damit die politische Isolation. Nach Fillon und Le Pen, François Hollande und Jean-Luc Mélenchon muss auch er einsehen, dass gegen Macron derzeit kein Kraut gewachsen scheint. (Stefan Brändle aus Paris, 11.12.2017)