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Thorsten Fink streitet Amtsmüdigkeit strikt ab.

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Markus Kraetschmer fordert viele Punkte.

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Wien – Ab und zu denkt Markus Kraetschmer an eines der Leitbilder der Wiener Austria. "Wir stehen für Spielkultur, lautet es." Der Wirtschaftsvorstand will das überhaupt nicht infrage stellen, es ist kein Klischee, sondern Anspruch, der in Stein oder sonst wohin gemeißelt ist.

Die Realität ist freilich eine andere, die Austria ist nach dem 0:1 in Altach Siebenter, der Rückstand auf Sturm Graz beträgt 21 Zähler. Im Cup und in der Europa League ist sie furios gescheitert. Der 46-jährige Kraetschmer fordert deshalb Pragmatismus ein. "Wir müssen anschreiben. Egal, wie." Das Leitbild wurde zuletzt ad absurdum geführt. "Schiach spielen und nicht punkten ist die schlimmste Lösung." Kraetschmer inspizierte am Montag eine sehr konkrete Baustelle, die neue Generali-Arena wächst und wächst, man ist mit den Arbeiten im Plan, die Saison 2018/19 wird im neuen Stadion bestritten. "Hoffentlich mit Europacup." Dazu bedarf es Platz vier, der ist nicht ganz so weit weg wie Sturm oder Red Bull Salzburg. "Wir sind auf Schlagdistanz."

Niederlagen pflastern den Weg

In den vergangenen neun Liga-Partien wurde nur einmal gewonnen, Niederlagen pflastern Weg und Leitbild. Kraetschmer: "Ansätze von Selbstzerfleischung müssen unterbunden werden, wir ziehen an einem Strang, sonst hast du verloren." Verletzungspech sei natürlich nicht zu leugnen, Trainer Thorsten Fink gingen die Spieler aus. "Aber man soll damit nicht alle Fehler entschuldigen."

Fink kritisierte mehrmals die Transferpolitik, dem STANDARD sagt er: "Ich mache nur darauf aufmerksam, ich will nicht der alleinige Sündenbock ein." Die Abgänge von Filipovic, Kayode oder Stryger Larsen konnten, so Fink, nicht kompensiert werde. Was Kraetschmer nur bedingt gelten lässt. "Wir holten Monschein, Klein, Westermann. Alles war abgesprochen. Dass sich vier Innenverteidiger verletzen, war ja nicht vorhersehbar."

Nachhilfe für Holzhauser

Kapitän Raphael Holzhauser möchte den Klub im Winter verlassen, sein Vertrag endet im Sommer, dann wäre er ablösefrei. Kraetschmer: "Es liegt uns kein konkretes Angebot für ihn vor." Holzhauser sagte unlängst in einem Fernsehinterview, die Kritiker mögen ihn doch "am Arsch lecken". Kraetschmer: "Wir haben ihn deutlich darauf hingewiesen, dass diese Wortwahl unmöglich ist, nicht dem Leitbild entspricht."

Sportdirektor Franz Wohlfahrt sondiert derzeit den Transfermarkt, Neuverpflichtungen sind nicht auszuschließen. Ein Linksverteidiger, ein Mittelfeldmann werden gesucht. Sie sollen sehr günstig und sehr gut sein, diese Kombination ist eine ganz seltene im Fußball. Kraetschmer: "Wir schwimmen nicht im Geld, wir können uns keine Flops leisten, sie müssen sofort Verstärkungen sein." Auch der Vertrag mit Wohlfahrt läuft im Sommer aus, es besteht prinzipielles Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit, ausverhandelt ist nichts. Fink ist bis 2019 gebunden.

Gegner in "Überform"

Am Sonntag kommt Sturm Graz zum Winterschluss ins Happel-Stadion. "Sturm ist in Überform", sagt Kraetschmer. Strafverschärfend kommt hinzu, dass sich Franco Foda verabschiedet, er wechselt als Teamchef zum ÖFB. "Das setzt zusätzliche Kräfte beim Gegner frei." Dass es auch das letzte Spiel von Fink sein könnte, schließen Wirtschaftsvorstand und Trainer eher aus. Kraetschmer: "Es ist seine Pflicht, motiviert und begeistert zu sein."

Der 50-jährige Fink streitet Amtsmüdigkeit ab. "Ich will mit der Austria ins neue Stadion gehen, ich bin nicht frustriert. Ich weise nur auf Probleme hin. Kommen die Verletzten zurück, wird es wieder besser. Gibt es seitens des Vereins Differenzen mit mir, muss man darüber reden."

Am Montag oder Dienstag wird intern bilanziert, analysiert. Kraetschmer: "Alles soll klar angesprochen werden." Das Leitbild werde in den Diskussionen keine allzu große Rolle spielen. "Wir müssen fighten, kämpfen, beißen, das wird kein Selbstläufer. Es ist nicht alles ganz schlecht. Aber wir brauchen Punkte, Punkte, Punkte." (Christian Hackl, 12.12.2017)