Es ist nicht das typische Leben eines 22-jährigen, das der US-Amerikaner Steven führt. Er hat die Schule mit 21 Jahren verlassen und sich entschlossen, Lkw-Fahrer zu werden. Für ihn bedeutet das mittlerweile, 300 Tage im Jahre fernab seiner Heimat Waren von A nach B zu transportieren. Ein Karrierepfad, der in seiner Klischeeversion als Inbegriff von Freiheit gilt.

Doch die berufliche Eigenständigkeit bringt Nachteile mit sich. Als jemand, der an fast jedem Ort nur kurz bleibt und wie ein Fremder ist, drohte ihm Einsamkeit. Doch der junge Trucker hat eine Lösung für das Problem gefunden. Bei ihm fährt stets ein Gaming-PC mit, berichtet "PC Gamer". Seine Lkw-Einrichtung wurde jüngst zum Renner auf der Forenplattform Reddit, woraufhin schließlich auch das Games-Magazin auf ihn aufmerksam wurde.

Trucker Steven vor seinem Gaming-Rechner.
Foto: Reddit/Budgie Beater

Highend-PC an Bord

Mitunter ist er vier Wochen am Stück unterwegs in seinem 470-PS-Truck, zehn Stunden täglich sitzt er hinter dem Steuer. Er steht meist um acht Uhr auf und ist von da an, unterbrochen durch Pausen, bis 22 Uhr unterwegs. Die zwei Stunden Freizeit, die er sich danach gönnt, verbringt er üblicherweise hinter dem PC, den er in den Laster verbaut hat. Mit einem Intel Core i8-8700K und einer Geforce GTX 1080 hat er eine Highend-Spielemaschine an Bord. Eine Oculus-Rift-Brille gewährt ihm Zugang in die virtuelle Realität.

Die Idee dazu kam ihm auf einer Reise mit seinem Vater. Drei Jahre vor seinem eigenen Karrierebeginn begleitete er diesen auf einer Lieferfahrt. Er war einst Bauunternehmer gewesen, der aber im Zuge der Finanz- und Immobilienkrise 2008 seine Firma verlor. Für den damals 50-Jährigen waren berufliche Alternativen dünn gesät, und so heuerte er bei einem Frachtunternehmen an.

In den Fußstapfen des Vaters

Steven hat keine guten Erinnerungen an den Ausflug mit seinem Vater, der über einen Monat dauerte. Die lange Abwesenheit von zu Hause und die fehlenden Beschäftigungsoptionen machten ihm zu schaffen. Dennoch faszinierte ihn die Eigenverantwortlichkeit des Berufes. Als jemand, der in der Schule stets ein Problem mit Autoritäten hatte, folgte er diesem Ruf schließlich und machte mit 21 die Lizenzprüfung. Ein Jobangebot erhielt er von der Firma, in der sein Vater arbeitete. Und dieser wurde auch für zwei Monate lang sein Trainer, der ihn auf den ersten Trips begleitete.

Da er die Erschwernisse der Situation bereits kannte, legte er sich einen Gaming-Laptop zu, der ihm dabei half, die Zeit zu vertreiben. Das Setup erhielt schließlich ein Upgrade, als er allein auf die Fahrt ging. Bei der Installation hatte er vor allem damit zu kämpfen, den Beifahrersitz durch einen Bürosessel zu ersetzen.

Ein weiterer Blick in den Innenraum.
Foto: Reddit/Budgie Beater

Größter Feind: Verbindungsprobleme

Nun spielt er online. Mit Freunden macht er etwa Online-Shooter wie "Overwatch" oder "Counter-Strike" unsicher. Mit seiner Familie – oder wenn die Internetverbindung gerade keine guten Latenzzeiten gewährt – ist er in langsameren Games wie "Divinity: Original Sin 2" unterwegs. Hauptsache ist, dass er mit anderen Leuten spielt. So habe er manchmal das Gefühl, er sei nicht 2.000 Meilen von seinen Verwandten und Freunden entfernt, sondern mit ihnen in einem Raum.

Sein schlimmster Feind sind dabei nicht schwierige Gegner in den Games, sondern Verbindungsprobleme. Er hat einen Handyvertrag, der ihm den Verbrauch von 14 GB Datenvolumen per LTE ermöglicht – danach drosselt sein Anbieter die Geschwindigkeit radikal herunter. Daher versucht er Updates für die Spiele über das WLAN der Raststätten herunterzuladen. Das gelingt allerdings nur mit gemischtem Erfolg. Manchmal schießen über die dortige Verbindung fünf Megabyte pro Sekunde durch die Leitung, manchmal sind es nur fünf Kilobyte. Auch Bandbreite und Ping seines mobilen Empfangs schwankt teils unberechenbar. Während der Fahrt ist Spielen freilich ausgeschlossen, dann spricht er über Discord mit seinen Gamer-Freunden oder telefoniert mit seinem Vater.

Die Technikausrüstung im Truck.
Foto: Reddit/Budgie Beater

"Ich war noch nie so allein und gleichzeitig so sozial", beschreibt er gegenüber "PC Gamer". "Es ist ein wirklich merkwürdiges Nebeneinander." Die Arbeit sei hart und habe wenig mit dem romantisierten Bild zu tun, das Simulationen wie "American Truck Simulator" transportierten.

"Alles, was ich brauche, um glücklich zu sein"

Langfristig will er seinem Arbeitgeber den Truck abkaufen, um danach vollständig sein eigener Herr zu sein und mehr Geld auf die Seite legen zu können. Er plant nicht, bis ins hohe Alter Lastwagen zu fahren, scherzt aber darüber, dass es wohl so kommen wird – obwohl ihm Nutzer auf Reddit raten, doch sein Glück als Streamer zu versuchen.

Steven gibt sich jedoch bescheiden: "Ich habe meinen PC, meine Gitarre, ein paar Kleidungsstücke und Essen – und das ist alles, was ich brauche, um glücklich zu sein." (red, 13.12.2017)

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