Harmlose Mitmachkunst. Kollektives Aktzeichnen am garantiert toten Objekt: David Shrigley, "Life Model II" (2016).

Bildrecht, Wien, 2017

Wien – Man nimmt sich aus dem Mund des Soziologen Niklas Luhmann eine Bierdose und spielt ein wenig Tischtennis. Dann schreibt man Wünsche, zum Beispiel die sehnlichsten, auf Zetterln, um diese von Yoko Onos Wish Tree baumeln zu lassen. Schließlich betrachtet man sich in einem Spiegel, der zu einer Installation Franz Wests gehört. Man schaut, ob Bier, Tischtennis und Wünschen etwas mit einem gemacht haben, und wenn ja, was genau.

So, aber auch ganz anders könnte ein Weg durch die Ausstellung Duette mit Künstler_in im 21er-Haus aussehen. Sie zeigt Kunst, die Betrachter einbindet, auf deren "aktive Mitarbeit" baut. Sei es, dass man mit bereitgestellten Stiften Akte von einer riesenhaften Schaufensterpuppe zeichnet; sei es, dass man die aus Geschirr gebauten Instrumente des brasilianischen Kollektivs Opavivará! zum Scheppern bringt: Nicht mitmachen gilt nicht!

Gut, es stellt sich die Frage, ob es überhaupt Kunstwerke gibt, die Betrachter nicht einbeziehen. Und wenn diese sich auch nur, etwa angesichts eines Gemäldes, ein paar Gedanken machen. Duett mit Künstler_in indes fokussiert auf Arbeiten, die seit den 1960er-Jahren entstanden, als Künstler bewusst die Grenze zwischen Kunst und Leben durchlöcherten. "Wer nicht denken will, fliegt raus!", postulierte 1977 Joseph Beuys. Die Sentenz des Entgrenzers findet sich im Ausstellungskapitel zu den Anfängen der sogenannten Partizipationskunst, ebenso wie eine Fotodokumentation von Vito Acconcis Following Piece (1969). Diese Konzeptarbeit bestand darin, dass der Künstler einem zufällig ausgewählten Passanten in der Stadt für eine Weile hinterherging.

Ein bisschen ungut

Solche doch eher unfreiwillige Teilhabe findet sich unter den jüngeren Positionen etwa bei Pierre Huyghe: Der Künstler postierte am Eingang zur Ausstellung einen Türsteher, der Namen der Eintretenden abfragt und diese sodann lautstark in den Raum ruft.

Huyghes Arbeit (Role Announcer, 2016) ist ein bisschen ungut, dafür aber eine, die man tatsächlich spürt: als kleine, die wohlige Anonymität ankratzende Grenzüberschreitung. Manchen Arbeiten gelingt es da weniger, zu tangieren, auch wenn die Ideale hehre sind. Etwa im Falle eines sternförmigen Sitzmöbelobjekts, das bei Benutzung neue Sichtweisen eröffnen soll. Generell ist das Gezeigte ziemlich handzahm und belanglos, weil die Partizipation vielfach Selbstzweck bleibt und nicht wirklich Wesentliches thematisiert wird.

Einen Getränkeautomaten mit dem Konterfei Niklas Luhmanns gibt es übrigens in einer Installation Claus Föttingers. Es handelt sich um eine mit Spiegeln gespickte Bar-Architektur, in der Besucher nicht nur zu neuen Perspektiven, sondern auch zum Reden finden sollen, wenn sie wollen. (Roman Gerold, 13.12.2017)