Bill Gates referierte beim One-Planet-Gipfel.

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Es ist bitterkalt auf der Insel in der Seine, die Motoren der schwarzen Limousinen mit den CD-Schildern brummen in Wartestellung. Der größte Jeep ist der mit der US-Flagge – obwohl die Amerikaner nur einen minderen Botschaftsvertreter zum One Planet Summit im neuen Konzertgebäude von Boulogne-Billancourt südwestlich von Paris geschickt haben.

Emmanuel Macron hatte Mühe, die wichtigsten Staats- und Regierungschef nach Paris zu locken. Selbst die deutsche Kanzlerin Angela Merkel war verhindert, sei es aus Koalitionsgründen oder weil die COP23 in Bonn erst gerade einen Monat alt ist. Der französische Präsident, der die neueste Konferenz in Anspielung auf eine Trump-kritische Bemerkung "One Planet" (ein Planet) taufte, wollte an die Pariser COP21 im Jahre 2015 anschließen. Nach zwei Jahren fällt die Bilanz dürftig aus, zumal die USA ausgestiegen sind; die CO2-Emissionen haben zugenommen, und die Hitzerekorde lösen einander seither ab. Vom großen Ziel der COP21, die Erderwärmung "deutlich unter zwei Grad Celsius" zu halten, ist der Planet "weit entfernt", wie Weltbankvorsteher Jim Yong Kim in Boulogne erklärte. Macron meinte, die Welt steuere auf über drei Grad zu, und weiter: "Das hat nichts mit dem zu tun, was wir uns vorgenommen haben. Wir sind dabei, die Schlacht zu verlieren."

Privatwirtschaftliche Aktion

Auch Kim räumte ein, die Finanzierung der Gegenmaßnahmen komme "kaum vom Fleck". Die mit der Uno und der Weltbank organisierte One-Planet-Konferenz, von bösen Zungen auch "Macron-Show" genannt, war deshalb vor allem der Finanzierung gewidmet. Sie sei der "neuralgische Punkt" jeder Klimapolitik, erklärte der französische Präsident, der es als Ex-Banker wissen musste. Statt schöner Worte und zwischenstaatlicher Abkommen sei auf der Seine-Insel einzig "Konkretes" angesagt. Nicht eine bald vergessene Geberkonferenz mit staatlichen Absichtserklärungen sei gefragt, fügte ein Macron-Vertraute an – sondern "Aktion".

Macron machte selbst keine neuen Zusagen. Das offenbarte auch die Widersprüche der Europäer, nicht nur der Amerikaner. Kürzlich noch plädierte der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire für die Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer, die bis zu 22 Milliarden Euro für "grüne" Projekte mobilisieren soll. Macron bremste aber in Boulogne selbst: Er will die Attraktivität des Finanzplatzes Paris erhalten und nach dem Brexit die City-Finanz an die Seine locken.

Dafür machte Macron erfolgreich Druck auf heimische Firmen, sich "klimaaktiver" zu verhalten. Électricité de France kündigte an, 25 Milliarden Euro (bis 2035) in die Sonnenenergie zu investieren. Renault, PSA Peugeot Citroën und anderen Autoindustrielle wollen zusammen in drei Jahren 60 Milliarden Euro in die Elektrotechnologie einspeisen.

Die französische Bank BNP Paribas, eine der größten Europas, will keine fossilen Projekte – inklusive Schieferöl – mehr finanzieren. Die Versicherung Axa kündigte an, sie werde das Risiko von Raffinerien, Kohlekraftwerken oder Gaspipelines nicht mehr abdecken. "Ab vier Grad Erwärmung ist die Welt nicht mehr versicherbar", erklärte Axa-Aufsichtsratschef Henri de Castries.

"Nicht-grüne" Kredite werden teurer

Über Frankreich hinaus kündigten Stiftungen wie etwa die von Bill Gates, Richard Branson oder Michael Bloomberg an, sie würden in Zukunft über fünf Prozent "grüne" Projekte fördern. Führende Fonds wie HSBC, Black Rock oder Calpers wollen bei ihren Investitionen neu auch Transparenz bei den Umweltrisiken herstellen. Letztere belasten, wenn offengelegt, notgedrungen die langfristigen Gewinnerwartungen der betroffenen Unternehmen. Für Umweltsünder wie Coal India, Gazprom, Exxon oder China Petroleum, aber auch für Zulieferer aus ganz anderen Branchen wird Kredit damit bedeutend teurer, was eine Dynamik hin zu den "grünen" Industrien auslösen soll.

Auch die Weltbank will nach Kims Worten solche Konzerne nicht länger unterstützen. Heute noch investieren staatliche Entwicklungsbanken noch viermal mehr in fossile als grüne Projekte, wie Nichtregierungsorganisationen in Boulogne kritisierten. Armelle Le Comte von Oxfam beurteilte den One Planet Summit abschließend so: "Einige interessante Initiativen, viel Aufgewärmtes und die Absenz eines starken politischen Willens."

Bundeskanzler Christian Kern räumte am Gipfel ein, dass Österreich "nicht genug" für den Klimaschutz tue. Schuld daran sei auch der Widerstand "mächtiger Lobbys". Immerhin werde Österreich bis 2020 deutlich mehr als 500 Millionen US-Dollar für die Klimafinanzierung ausgeben. Bis 2030 solle Strom landesweit nur noch aus erneuerbaren Energien produziert werden. (Stefan Brändle aus Boulogne-Billancourt, 12.12.2017)