Die Volksanwaltschaft hat das Prüfverfahren in Bezug auf die Neugestaltung des Wiener Heumarkt-Areals abgeschlossen und stellt der Stadt kein gutes Zeugnis aus: Die Volksanwälte Peter Fichtenbauer, Gertrude Brinek und Günther Kräuter im Rahmen einer Sitzung des Nationalrates.

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Geplant ist neben der Errichtung eines neuen 66-Meter-Hochhauses auch, das Hotel Intercontinental abzureißen und etwas größer und höher neu zu errichten.

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Wien – Die Volksanwaltschaft hat sich das Vorgehen der Stadt Wien in Bezug auf die Neugestaltung des Heumarkt-Areals näher angesehen. Das Ergebnis der Prüfung: Das Verfahren für das geplante 66-Meter-Hochhaus entspreche in mehrfacher Hinsicht nicht der Wiener Stadtverfassung, kritisierte Volksanwältin Gertrude Brinek am Donnerstag.

Der Kernpunkt der Kritik: Die Stadt habe mit der Änderung der Flächenwidmung ihren eigenen Grundsätzen aus dem Hochhauskonzept widersprochen. So dürften Hochhäuser am Heumarkt nur dann errichtet werden, wenn sie einen "außerordentlichen Mehrwert für die Allgemeinheit" schaffen. Diesen Mehrwert kann die Volksanwaltschaft beim geplanten Luxuswohnturm nicht erkennen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass hier leistbare Wohnungen entstehen sollen. "Ganz im Gegenteil", sagte Brinek. Auch die Errichtung einer unterirdischen Turnhalle für Schulen ändere daran wenig.

Privates Interesse ging vor

Es handle sich laut der Volksanwältin um eine anlassbezogene Flächenwidmung für den Investor Michael Tojner von Wertinvest. "Hier stand das private Interesse vor dem öffentlichen Interesse. Die Raumpläne gaben hier nicht die Rahmenbedingungen vor", sagte Brinek, die von einer "Wunschwidmung für den Investor" sprach. "Die Flächenwidmung hätte unabhängig vom individuellen Bauprojekt erfolgen müssen."

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"Ignoranter Umgang" mit Welterbe

Zudem wurde die Stadt Wien für ihren "ignoranten Umgang" mit dem Weltkulturerbestatus gerügt. "Der Wiener Gemeinderat nahm mit seiner Entscheidung wissentlich in Kauf, dass das historische Zentrum der Stadt seinen Weltkulturerbestatus verliert", sagte Brinek. Die Unesco hat Wien wegen des geplanten Hochhauses am Heumarkt bereits auf die Rote Liste gefährdeter Welterbestätten gesetzt.

Geplant ist auch, das Hotel Intercontinental abzureißen und etwas größer und höher neu zu errichten. Zudem hat sich der Investor bereiterklärt, die Sanierung des Wiener Eislaufvereins in der Höhe von rund 30 Millionen Euro zu übernehmen.

Vassilakou vermutet parteipolitisches Kalkül

Vizebürgermeisterin und Planungsstadträtin Maria Vassilakou weist den Vorwurf von Brinek, die von der ÖVP in die Volksanwaltschaft entsandt wurde, zurück. Die Widmung sei wie jede andere vor der Beschlussfassung durch den Gemeinderat stadtintern verfassungsrechtlich geprüft worden. Die Vermutung liege nahe, "dass hier parteipolitische Überlegungen im Vordergrund stehen", hieß es in einer Stellungnahme aus dem Büro Vassilakou. ÖVP und Neos sahen sich hingegen durch die Volksanwaltschaft in ihrer Kritik bestätigt. (krud, 14.12.2017)