Welche Symbolik! In derselben Woche, in der sich eine türkise Volkspartei mit blauen Freiheitlichen zu neuen Taten verbinden will, läuft vor Gericht die lang verschleppte Abrechnung einiger Leistungen aus der Zeit an, in der eine schwarze Volkspartei mit orangen Freiheitlichen dem Land ihren Stempel aufzudrücken versuchte. Nostalgisch könnte man werden ob des Sterns, der über dem Start der Koalition Kurz/Strache waltet. Die Mehrheitsverhältnisse zwischen den Partnern haben sich verschoben, das ideologische Grundmuster ist dasselbe. Um die roten Gfrießer um jeden Preis vom Regieren fernzuhalten, verdrängt die Volkspartei ihre Erfahrungen mit blauen Ministern von damals, als hätte sie niemals von Karl-Heinz Grasser als dem größten Finanzminister aller Zeiten geschwärmt.

Mit einem solchen Angebot hat die FPÖ diesmal nicht aufzuwarten. Für Strache ist es nur wichtig, überhaupt einmal in eine Regierung zu kommen. Noch einmal fünf Jahre in Opposition hätten ihm den Weg ins Privatleben geebnet. Dafür rückt man in Sachfragen von als unabdingbar gehandelten Forderungen aus dem Wahlkampf still und leise ab, und das umso leichter, als es dem Partner in seiner eigenen Partei damit auch nicht besser geht. Um davon abzulenken, darf der FP-Chef bis auf weiteres den gesundheitspolitischen Gottseibeiuns spielen. Aber wie soll das Rauchen auf Dauer Spaß machen, wenn der blaue Dunst eines blauen Schutzpatrons namens Heinz-Christian bedarf?

Wie wenig Kurz an einen zivilisatorischen Wandel des dringend benötigten Partners für seine groß angekündigten Veränderungen glaubt, erweist sich an dessen europapolitischer Totalentmündigung. Strache hat die bisherige nationalistische Linie seiner Partei offiziell über Bord gehen lassen und Kreide fressend über alle eigenen Schatten springend die Koalitionsprämisse geschluckt, diese Regierung werde proeuropäisch oder nicht sein. Da lieber doch das Erstere als weiter in der Opposition. Und lieber ein ausgehöhltes Außenministerium als gar keinen Heimatschutz.

Bekenntnisse zu Europa sind schließlich leicht abgelegt, das heißt ja noch lange nicht, dass sich der Kurs der Partei ändern muss. Und der ist in den einschlägigen Publikationen eindeutig und ganz der alte. So ist etwa in der letzten Nummer des freiheitlichen Magazins Zur Zeit von "EU-Lügen gegen Polens Konservative" die Rede. Die Sorgen, die sich die EU um die dortige Rechtsstaatlichkeit macht, werden als "Hysterie" abgetan, ausgelöst vom "Ärger Brüssels über die patriotische Regierung in Warschau, die genauso wie Orbán in Ungarn die Interessen des eigenen Volkes voranstellt".

Nicht besser das "freiheitliche Magazin" Aula, wo es in der November-Nummer heißt: "Heute ist es vor allem die Europäische Union, welche die Rechte der Bürger einschränken und die Demokratie, die nur in einem Nationalstaat funktionieren kann, zugunsten eines multiethnischen Bundesstaates abschaffen will."

Die geistigen Förderer dieser Ideologie sitzen demnächst in der Regierung. Aber ein Heimatschutzminister Kickl macht alles wieder gut. (Günter Traxler, 14.12.2017)