Van der Bellen musste sich als Bundespräsident darauf beschränken, den gröbsten Schaden zu verhindern.

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Im Jahr 2017 ist die Aufregung über eine Koalition von Türkis-Blau nicht mehr ganz so groß.

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Alexander Van der Bellen ist mit dieser Regierung alles andere als glücklich. Er wird ihr aber keine Steine in den Weg legen und eine Angelobung ohne Misstöne seitens des Bundespräsidenten ermöglichen. Im Jahr 2000 war es ausgerechnet Van der Bellen, der als Chef der Grünen in einer Sondersitzung des Nationalrats einen Misstrauensantrag gegen den neuen Kanzler Wolfgang Schüssel einbrachte. Schüssel trage aufgrund der Regierungsbeteiligung der FPÖ die "persönliche und politische Verantwortung für den wirtschaftlichen Schaden und die außenpolitische Isolierung Österreichs".

Kontroversen kleinhalten

Unter Türkis-Blau im Jahr 2017 ist die Aufregung nicht mehr ganz so groß. Van der Bellen musste sich als Bundespräsident darauf beschränken, den gröbsten Schaden zu verhindern – und ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache halfen ihm dabei. Auch sie waren darum bemüht, die Kontroversen um die Ressortverteilung und die Personalbesetzung kleinzuhalten.

Mit dem Wechsel von Teilen der Europaagenden ins Kanzleramt sollten außenpolitische Komplikationen verhindert werden. Van der Bellen hatte zudem darauf bestanden, dass Justiz und Innenressort nicht in die Hand einer Partei, noch dazu der FPÖ, kämen. Dem fügten sich Kurz und Strache. Die ÖVP wird das Justizministerium übernehmen. Mit einem anderen massiven Bedenken konnte sich der Bundespräsident bei den künftigen Koalitionspartnern allerdings nicht durchsetzen: Die FPÖ wird allen Warnungen zum Trotz die beiden Sicherheitsressorts Inneres und Landesverteidigung erhalten.

Kickl in zentraler Position

Das lässt nicht nur einen äußerst restriktiven Kurs gegen Flüchtlinge erwarten. Die Vorstellung, dass nun alle Nachrichtendienste des Landes, die bei der Verteidigung und dem Innenministerium angesiedelt sind, von den Freiheitlichen kontrolliert werden, ist unheimlich und beängstigend. Gerade die FPÖ hat sich nie durch einen sensiblen Umgang mit Daten hervorgetan – im Gegenteil.

Mit Herbert Kickl, dem Mastermind der FPÖ, sitzt nun Jörg Haiders und Straches Sprüchereimer in einer zentralen Position. Der künftige Innenminister hatte mit rassistischen, fremdenfeindlichen und antisemitischen Sprüchen für Aufregung gesorgt: Auch Haiders Aussage "Wie kann einer Ariel heißen, der so viel Dreck am Stecken hat" stammt von ihm.

Rechtsextreme Szene

Der neue Verteidigungsminister Mario Kunasek wiederum hat kaum Berührungsängste zur rechtsextremen Szene. Das ist gerade beim Chef des Bundesheeres nicht vertrauenserweckend. Van der Bellen als Oberbefehlshaber stimmte dieser Personalentscheidung schließlich zähneknirschend zu. Das werden ihm wohl viele Menschen, die ihn zum Präsidenten gewählt haben, übelnehmen.

Mit ihren sechs Ressorts kann die FPÖ jedenfalls sehr zufrieden sein, es sind mit Infrastruktur und Sozialem wichtige Ministerien. Überraschend ist, wie schwer sich ÖVP-Chef Kurz mit der Besetzung seiner Ressorts tat. Auch wenn er sich alle Vollmachten in der Partei gesichert hatte, war er mit Unmut konfrontiert. Sein Wunschkandidat als Finanzminister, der ehemalige Rechnungshofpräsident Josef Moser, stieß parteiintern auf Widerstand. Kurz hat viel zu spät mit seiner Suche begonnen, war mit Absagen und Bedingungen konfrontiert. Er stellte sein Team unter chaotischen Bedingungen erst in letzter Minute zusammen. Kein Traumstart für den türkisen Kanzler. (Michael Völker, 15.12.2017)