Bild nicht mehr verfügbar.

Marcel Hirscher ist wieder ganz der Alte.

Foto: REUTERS/Stefano Rellandini

La Villa / Alta Badia – Die Show, die Marcel Hirscher im zweiten Durchgang des Alta-Badia-Riesentorlaufs abgeliefert hat, lässt sich getrost in die Galerie seiner größten Siege einreihen. Exakt vier Monate nach seinem Knöchelbruch ist der Salzburger wieder bei seiner Topform. Die Herausforderung in dieser Saison sei eine spezielle. "Für uns selber ist der Druck eigentlich so hoch wie nie", meinte Hirscher.

Anna Veith und Marcel Hirscher mussten verletzungsbedingt Pausen einlegen. Am dritten Adventsonntag konnten Österreichs Skistars jedoch triumphieren, Veith siegte in Val d'Isere, Hirscher in Alta Badia (ab 00:44).
ORF

Nach seinem fünften Sieg auf der Gran-Risa-Piste zeigte sich der Supertechniker wie gewohnt auch als Meister des Understatements. "Ich glaube, das ist einfacher zu machen als das andere sechsmal (sechs Weltcup-Gesamtsiege in Folge, Anm.). Trotzdem ist es schwer zu fassen, weil so viel dazugehört. Von dem her ist es schon schräg", urteilte er. Auf dem Hang, der laut herrschender Meinung keine Zufallssieger produziert, helfe eben die Erfahrung enorm.

Artig bedankte sich Hirscher bei seinen Sparringpartnern Manuel Feller, Marco Schwarz und Roland Leitinger. Beim gemeinsamen Training auf der Reiteralm sei in der vergangenen Woche der nächste Schritt auf dem Weg zur gewohnten Sicherheit erfolgt. "Es ist halt schon mega, wenn du so Jungs hast wie den Feller, der so krank ist, dass er einfach in jedem Lauf sein letztes Unterhemd riskiert. Der riskiert im Training genau gleich, als wie wenn es um alles gehen würde", erzählte Hirscher.

Worum es ihm in dieser Saison gehe, ob es so etwas wie eine große Vision gebe, ist nicht so klar. Er fahre, "um das Maximum rauszuholen", sagte er. Der Gesamtweltcup interessiere ihn nicht sonderlich. Es sei nett, vorübergehend mit Aksel Lund Svindal an der Spitze zu stehen, "aber es interessiert mich echt nicht so momentan. Es ist schön, aber für mich zählt die aktuelle Leistung gerade viel mehr. Das Andere ergibt sich." Das "Andere" könnte freilich auch das Olympia-Gold sein, das ihm noch fehlt.

"Irgendwann um zehn streut es dich zu Hause"

Die Totalbelastung sei heuer prinzipiell nicht mehr oder weniger als in den Jahren zuvor. "So ein Rennwochenende ist halt anstrengend", hielt Hirscher fest. "Vor allem, wenn du in der glücklichen Lage bist, dass du das ganze Radl mitrennen darfst: Auslosung, Medien, Fotografen, Pressekonferenz, Dopingkontrolle, Siegerehrung. Irgendwann um zehn streut es dich zu Hause in die Hütte rein, dann geht es morgen weiter."

Nachdem er einen gewichtigen Teil der Vorbereitung wegen seiner Verletzung sausen lassen musste, fühle er sich aber fitter. "Das Gletschertraining merkst du. Ich habe zwar nicht so die Ski-Kondition, aber ich bin ausgerasteter. Das zehrt halt schon extrem, so ein Gletschertraining, wenn das so intensiv und lange ist", stellte er klar.

Der Knöchelbruch im August habe die Ausgangslage aber mental schwieriger gemacht. Er habe zwar immer die Möglichkeit, die Verletzung als Erklärung für wenig zufriedenstellende Resultate zu verwenden. "Aber für uns selber ist der Druck eigentlich so hoch wie nie, weil wir trotzdem das Tempo mitgehen wollen. Das macht es nicht einfach, es ist eine riesige Herausforderung für alle", erklärte er.

Herausfordernd sei auch die Ungewissheit gewesen, wie die Saison verlaufen würde, wann sie überhaupt beginnen würde. "Ich habe am ersten Tag schon gesagt, ich fahre in Sölden. Also ich habe mich voll hineintheatert, habe mich voll gestresst", berichtete er.

Mittlerweile hat Hirscher jedenfalls in die Spur gefunden und steht voll im Saft. Über allfällige Schmerzen im Knöchel kam ihm keine Silbe über die Lippen. Die Konkurrenten können sich für den Rest des Winters warm anziehen. (APA, 18.12.2017)