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Mehrfach des Dopings überführt: Justin Gatlin.

Foto: REUTERS/Bruno Kelly

Berlin – Hat Justin Gatlin es schon wieder getan? Zweimal ist der amtierende 100-m-Weltmeister wegen der Einnahme verbotener Substanzen bereits hochgegangen. Doch der nächste Zündsatz tickt. Dass der öffentlich so reumütige US-Amerikaner nun wieder im Fadenkreuz der Dopingfahnder steht, "verdankt" er einigen seiner engsten Vertrauten. Sie gerieten im Gespräch mit englischen Undercover-Journalisten ins Plaudern. Die Quintessenz: Gatlin sei gar nicht so geläutert, wie er immer getan hat.

Vielmehr ist Doping im Sportlerleben Gatlins immer noch allgegenwärtig, wenn man seinem Umfeld glaubt. "Vor drei Monaten, als die Saison zu Ende ging. Gerade im Moment. Und natürlich, sobald die neue Saison losgeht", sagte der 57-jährige Oberösterreicher Robert Wagner, ein Berater Gatlins, den Reportern der englischen Tageszeitung "The Telegraph" zu den angeblichen Dopingpraktiken: "Justin wird es tun, genau wie jeder andere Sprinter in Amerika es tun wird. Sie müssen es."

"Ich nehme keine leistungssteigernden Mittel"

Mit diesen Anschuldigungen kommt neuer Schwung in den Fall Gatlin, er selbst aber will von nichts wissen. Schon am Montagabend hatte Gatlin über Anwälte die Vorwürfe dementiert und auf seine sauberen Dopingtests der vergangenen fünf Jahre verwiesen. "Ich nehme keine leistungssteigernden Mittel und habe dies auch nicht getan", erklärte Gatlin am Dienstag bei Instagram. Schon 2001 (ein Jahr Sperre wegen Amphetaminen) und 2006 (vier Jahre Sperre wegen Testosteron) war Gatlin aufgeflogen. Als er in diesem Jahr in London noch vor Jamaikas Superstar Usain Bolt den WM-Titel über 100 m holte, waren in der Öffentlichkeit erneut Zweifel laut geworden.

Und auch die neusten Enthüllungen sorgen bei Präsident Sebastian Coe vom Weltverband IAAF für Bauchschmerzen. "Diese Vorwürfe sind extrem schwerwiegend und ich weiß, dass die AIU im Rahmen ihres Auftrages ermitteln wird", sagte der Brite. Die unabhängige Integritätskommission (AIU) der IAAF und die US-Anti-Doping-Agentur Usada nahmen bereits Ermittlungen auf.

Journalisten Undercover

Doch wie kam es zu den neuen Anschuldigungen? Wagner und Gatlins Coach Dennis Mitchell, selbst Staffel-Olympiasieger, wogen sich in Sicherheit – sie dachten, es handle sich um ein Filmprojekt. Die Reporter des "Telegraph" hatten vorgegeben, einen Leichtathletik-Spielfilm zu drehen. Wagner und Mitchell sollten den Hauptdarsteller trainieren. Mit der nötigen medizinischen Betreuung natürlich. Und die beiden sprangen darauf an. Für 250.000 US-Dollar boten sie dem Filmteam angeblich illegale Substanzen wie Testosteron und Wachstumshormone an. Über einen Arzt in Wagners Heimat Österreich sollten die Mittel besorgt werden.

Vor allem, dass sein Trainer Mitchell in die Affäre verwickelt ist, sorgte bei Gatlin für Unmut. "Ich war geschockt und überrascht, als ich erfahren habe, dass mein Trainer mit dem Aufkommen dieser Anschuldigungen etwas zu tun hatte. Ich habe ihn gefeuert, sobald ich davon erfuhr", so Gatlin. Zuvor hatte Mitchell im Gespräch mit den Reportern jedoch angegeben, dass Gatlin seit Beginn der Zusammenarbeit im Jahre 2011 sauber gewesen und er selbst nie am Dopen von Sportlern beteiligt gewesen sei.

"Ich wollte, dass sie anbeißen"

Doch Wagners eindeutige Aussagen bleiben. Wie glaubwürdig er tatsächlich ist, gilt es jedoch noch zu klären. Seit fast 30 Jahren arbeitet er als Berater, auch in der DDR hatte er viele namhafte Klienten. Aber wie eng ist er mit Gatlin verbandelt? Dessen Agent Renaldo Nehemiah sagte dem "Telegraph", Wagner habe für Gatlin nicht mehr als zwei- oder dreimal gearbeitet.

Nach dem Undercover-Gespräch auf seine Aussagen angesprochen, ruderte Wagner komplett zurück. Ihn habe nur das Engagement für das Filmprojekt interessiert. "Ich war nicht in Doping involviert. Ich habe offensichtlich nur mitgespielt, weil ich wollte, dass sie anbeißen." Das sei auch die Version, die er der AIU erzählt habe. (sid, 19.12.2017)