Fotos: Lisi Specht

Der Schauspieler und Intendant Adi Hirschal wohnt in einer früheren Fleischerei in der Josefstadt. Beim Textlernen kann es passieren, dass er im Wohnzimmer und auf der Terrasse stundenlang auf und ab spaziert.

"Alles fing damit an, dass ich lange ratlos war, wie ich mein Leben verbringen wollte. Genauer gesagt weiß ich es bis heute nicht. Möglicherweise bin ich deswegen Schauspieler geworden. Das Schauspiel als Rampe für späte Entschlüsse sozusagen. Warum sage ich das alles? Ganz einfach: Dass diese Wohnung auf wunderbare Weise Gestalt angenommen hat, ist der Entschlusskraft meiner Frau geschuldet. Und dass sie schön geworden ist, ebenso. Sie versteht es, ein wohnliches, geschmackssicheres Ambiente zu schaffen.

"Die Wohnung wird mehr und mehr zum Spiegel meiner selbst – das hat nicht unbedingt mit der großen Spiegelwand im Wohnzimmer zu tun." Adi Hirschal in seinem Wohnzimmer.
Foto: Lisi Specht

Wir sind ein gutes Team. Ich neige zum Chaos und meine Frau zur Ordnung. Darüber können wir wunderbar streiten. Zum Beispiel über die Anzahl der Pölster im Wohnzimmer. Wie viele Pölster kann der Mensch vertragen? Wie man unschwer sieht, hat sich meine Frau in diesem Punkt erfolgreich durchgesetzt. Genau elfmal. Aber ich muss zugeben: Mit einer Frau, die sich durchsetzt, sitzt man eindeutig bequemer.

Ich dachte mir immer: Eines Tages will ich in der Josefstadt wohnen, dann habe ich es nicht weit in die Josefstadt. Im Theater bin ich zwar schon lange nicht mehr engagiert, aber dafür habe ich den Bezirk so richtig liebgewonnen. Wir wohnen in einer der wahrscheinlich schönsten, verträumtesten Gassen Wiens, mit direktem Blick auf die Piaristenkirche.

Fotos: Lisi Specht

Das ist ein Biedermeier-Eckhaus. Vor geraumer Zeit befand sich hier die Fleischhauerei Bösel, damals eine der besten Fleischereien Wiens. Eines Tages hat der Betrieb zugesperrt, das ganze Haus wurde umgebaut, entkernt und generalsaniert. Das Projekt war schon im Laufen, die Wohnungen waren schon zur Gänze vergeben. Doch dann ist durch Zufall einer der Mieter abhandengekommen. Und so sind wir prompt eingesprungen, und mein Traum ging in Erfüllung. Wie sagt man so schön? Der Zufall begünstigt den Vorbereiteten ...

Die Wohnung hat 110 m² und ist bestens geschnitten. Wir haben einen befreundeten Architekten, Werner Höfinger, zurate gezogen, der den Grundriss nach unseren Vorstellungen adaptiert hat. Er kennt unsere Vorlieben. Obwohl wir schon seit 25 Jahren hier wohnen, wirkt die Architektur immer noch modern und irgendwie zeitlos. Die Materialien und Details haben sich als robust herausgestellt. Man sieht der Wohnung ihr Alter beim besten Willen nicht an.

Fotos: Lisi Specht

Als ich noch durchgehend gearbeitet habe, hat sich das aktive Wohnen in Grenzen gehalten. Erst heute komme ich immer mehr in den Wohngenuss. Die Wohnung wird mehr und mehr zum Spiegel meiner selbst – und das hat nicht unbedingt mit der großen Spiegelwand im Wohnzimmer zu tun. Sie ist nicht Ausdruck eitler Selbstverliebtheit, sondern dient der Raumvergrößerung. Hier kann ich konzentriert leben. Am besten draußen auf der Terrasse, auf dem begrünten Dach unserer Nachbarn. Beim Textlernen gehe ich stundenlang auf und ab. Zum Lernen muss ich mich bewegen.

Bewegung und Wohnen waren immer schon Thema. Mein radikaler jugendlicher Entwurf dazu war Wohnen auf Rädern. Ein Wohnmobil nach meinem Entwurf! Ich habe drei solche Gefährte eingerichtet. Das letzte wurde von meiner Frau inspiriert und war damit auch das schönste! Eines Tages habe ich den Motor abgestochen. Eine Reparatur hat sich nicht mehr gelohnt. In letzter Zeit regt sich langsam wieder der Wunsch, noch einmal aufzubrechen und quer durch Europa zu reisen. Vielleicht als Erstes in die Normandie und in die Bretagne. Ein Wohnwunsch, den wir uns, so Gott will, noch erfüllen werden." (27.12.2017)