Ein Radfahrer beim Rechtsabbiegen bei Rot in Berlin. Diese Idee war in Österreich zuletzt ein Thema, nun soll aber bald das Abbiegen bei Rot für den motorisierten Verkehr getestet werden.

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Wien – Dass Blau vorschlägt, Rot links liegenzulassen, vielleicht aber nur, wenn ein grüner Pfeil nach rechts deutet, ist irgendwie amüsant. Verkehrsminister Norbert Hofer (FPÖ) lässt prüfen, ob das Rechtsabbiegen trotz roten Ampelsignals in Österreich erlaubt werden soll. Erste Tests sollen bereits Anfang 2018 erfolgen. Es könne "von großer Wichtigkeit" für den Verkehrsfluss sein. Die Sicherheit gehe aber vor.

In den USA wurde die Möglichkeit des Rechtsabbiegens bei Rot schon in den 1970er-Jahren eingeführt, damals um einen spritsparenden Verkehrsfluss zu ermöglichen. Es ist aber nicht an jeder Kreuzung erlaubt, worauf Schilder mit der Aufschrift "No right turn on red" hinweisen.

Viele Ausnahmen in Deutschland

Auch in Deutschland darf bei Rot rechts abgebogen werden, wenn ein Schild mit grünem Pfeil die Ausnahme anzeigt. Derartige Kreuzungen sind dort aber auch eher selten. Das liege an den zahlreichen Ausnahmeregeln, sagt Harald Frey, Verkehrsexperte am Institut für Verkehrsplanung und -technik an der Technischen Uni Wien.

Der sogenannte Grünpfeil kommt in Deutschland zum Beispiel nicht infrage, wenn ein Radwegübergang in beide Richtungen gekreuzt würde, wenn Gleise von Schienenfahrzeugen befahren würden oder die Ampel vor allem der Schulwegsicherung dient.

"Nur eine Handvoll" Möglichkeiten

Frey schätzt, dass in Österreich die Voraussetzungen für ein Abbiegen bei Rot ohne Sicherheitseinbußen nur bei einer Handvoll Ampeln gegeben wären. In den USA liege wegen großer Kreuzungen mit vorwiegend motorisierten Verkehrsteilnehmern eine andere Situation vor. "Man müsste die Annäherungsgeschwindigkeit an den Kreuzungsbereich senken", sagt Frey. Teure Videoüberwachung und Kontrollen wären notwendig, meint der Experte, der schon Tests für gefährdend hielte.

Gegenargument Schilderwald

Zusätzliche Tafeln, die das Abbiegen bei Rot ermöglichen oder Ausnahmen ausschildern würden, lassen auch andere Verkehrsexperten mit Skepsis reagieren. Der Schilderwald sei schon zu dicht, heißt es. Weitere Tafeln stünden auch der "Reduktion des Schilderwaldes" entgegen, die sich die Regierung ins Programm geschrieben hat.

ÖAMTC und ARBÖ weisen zudem darauf hin, dass viele Rechtsabbiegespuren in Städten ohnehin schon mit Extraspursignalen ausgerüstet beziehungsweise viele Ampeln im Sinne eines optimalen Verkehrsflusses aufeinander abgestimmt seien.

Diskussion um Radfahrer

Zuletzt war in Österreich Abbiegen bei Rot für Radfahrer diskutiert worden. Verkehrsexperte Frey sähe in einem Test dieser Maßnahme eine Möglichkeit, die Idee bei geringeren Geschwindigkeiten und einer kleineren Verkehrsteilnehmergruppe zu testen.

Der niederösterreichische Landtag hat schon 2014 einen Antrag für das Rechtsabbiegen bei Rot ans Parlament gestellt, der dann aber in der Schublade verschwunden ist. Die Stadt Linz hat das Vorhaben damals unterstützt. Nun geplante Tests sollen laut "Krone" in Linz stattfinden.

Rütteln am Tempolimit 130

Auch dem Tempolimit auf der Autobahn will sich Minister Hofer widmen. Damit tritt er in Hubert Gorbachs Fußstapfen, der 2006 als Verkehrsminister (BZÖ) mit dem Plan, auf einigen Abschnitten 160 km/h zuzulassen, scheiterte. Tempo 160 sei nicht vorstellbar, sagte Hofer und ließ offen, welche Zahl ihm vorschwebt.

Bisher hat der erhöhte Schadstoffausstoß schnell fahrender Autos ein höheres Tempolimit verhindert. Mit dem Luft-Hunderter bei Linz habe er denn auch "keine Freude", sagte der Minister nun dem "Kurier". Klimaschutz nannte er da aber auch ein "großes Thema". Dass er von der Rettungsgasse nicht überzeugt sei, brachte der Verkehrsminister bei dem Gespräch ebenso zur Sprache. Die "Krone" sah daraufhin am Donnerstag bereits das "Ende der Rettungsgasse drohen". (Michael Simoner, Gudrun Springer, 22.12.2017)