
Der Weihnachtsmarkt am Spittelberg in Wien-Neubau zieht alljährlich mehr als 500.000 Besucher an.
Wien – Er gilt mit seinen schmalen, romantischen Gassen und dem innerstädtischen Flair im siebenten Bezirk als einer der beliebtesten Weihnachtsmärkte Wiens. Und mit laut Informationen der Stadt Wien 146 Marktständen – 48 davon mit Gastronomie – ist er nach dem Christkindlmarkt am Rathausplatz (155 Stände, davon 18 der Gastronomie) mittlerweile die zweitgrößte Veranstaltung dieser Art. Die Organisatoren selbst verweisen darauf, dass es aktuell nur 21 Gastronomie-Stände gibt, aber 48 erlaubt wären.
Mehr als 500.000 Besucher werden auch heuer wieder laut Organisatoren in nur knapp 40 Tagen den Markt in Neubau besucht haben. Bis einschließlich Samstag hat er noch geöffnet.
Ansonsten gibt sich der 1994 gegründete private "Kulturverein Forum Spittelberg", der den Markt im öffentlichen Raum jedes Jahr organisiert, weniger auskunftsfreudig. Bei Michael Schmid, dem Projektleiter des Weihnachtsmarktes, hat der STANDARD etwa angefragt, wie die Auswahl der Stände durch welche Mitglieder im Verein passiert, welchen Umsatz der Verein macht oder was mit den Geldern passiert.
Verein wird nicht subventioniert
Ein Satz in der Antwort-E-Mail lautete dann: "Der Vorstand des Forum Spittelberg wird in seiner nächsten GV (Generalversammlung, Anm.) über Ihre Fragen, die sich ein wenig inquisitorisch lesen, beraten und hernach gegebenenfalls antworten." Wann die einmal im Jahr stattfindende GV angesetzt wird, sei noch offen.
Hingewiesen wird aber darauf, dass der Verein keine öffentlichen Subventionen erhält und alljährlich geprüft wird. Auch andere Weihnachtsmärkte in Wien, wie am Rathausplatz, würden von Privatvereinen organisiert werden.
Etwa 500.000 Euro Einnahmen
Auf telefonische Nachfrage weist Schmid erneut darauf hin, dass für den nicht gewinnorientierten Verein "keine gesetzliche Notwendigkeit" bestehe, Umsatzzahlen zu veröffentlichen. Kolportiert werden Einnahmen durch Standgebühren in nur etwa 40 Tagen in Höhe von rund 500.000 Euro. Schmid: "Das wird schon hinkommen."
Laut Rechenbeispielen auf der Homepage des Weihnachtsmarktes werden für einen durchschnittlichen 3 x 1,5 Meter großen Stand für Kunsthandwerk etwa 3400 Euro für Standgebühren und Hüttenmiete fällig. Ein ebenso großer Stand für Handel kommt auf rund 4100 Euro. Schmid: "Bei kleinen Kunsthandwerkern vergeben wir aber auch hohe Rabatte."
Die Stadt Wien selbst vergibt die Fläche am Spittelberg für die Ausrichtung des Weihnachtsmarktes alljährlich. Bisher hat der Kulturverein Forum Spittelberg den Zuschlag erhalten. Die Einnahmen der Stadt aus den Standgebühren sind vergleichsweise niedrig: Für die 146 Stände muss der Verein der Stadt pro Jahr – und auf Grundlage des Wiener Marktgebührentarifs für Anlassmärkte (zu finden unter Tarifpost 25) – etwa 35.000 Euro überweisen.
Keine Gewinne für Verein
Gewinne macht der Verein aber keine, sagt Schmid. Die Einnahmen werden für Auf- und Abbau, das Gratiskinderprogramm, Künstler, Müllentsorgung oder die Anschaffung von Hütten verwendet. "Da bleibt nichts über." Das Grätzel werde durch den Markt aber gewaltig belebt.
Grüne Nähe von Vereinsmitgliedern
Interessant ist die Nähe des Vereins zu den Grünen. Obmann ist Unternehmer Pius Strobl, einst grüner Bundesgeschäftsführer und aktuell Projektleiter des ORF-Neubaus. Schmid ist Obmann der grünen Bildungswerkstatt Wien.
Es gebe "immer mehr Bewerbungen" für die Stände, sagt Schmid. Über den Zuschlag entscheide "eine Gruppe von Menschen im Verein", der Mix müsse passen. Transparent ist diese Vorgangsweise freilich nicht.
Nur Spittelberg-Gastronomen am Markt
Für Punschstände, die den meisten Umsatz machen, können sich nur Gastronomen bewerben, die auch ein Lokal am Spittelberg haben. Dafür dürfen Marktbesucher auch die Toiletten der Lokale aufsuchen. Mit Karl Lind ist ein Spittelberg-Gastronom als Kassier auch ein organschaftlicher Vertreter im Verein. Dass seine Stand-Bewerbung abgelehnt wird, ist eher nicht zu erwarten.
Lärmgeplagte Anrainer
Der Erfolg des Weihnachtsmarktes kennt nicht nur Befürworter im Grätzel. Naturgemäß haben einige lärmgeplagte Anrainer wenig Freude mit dem Trubel. Trotz Vorkehrungen der Veranstalter (kein Betrieb von Beschallungsgeräten erlaubt) lässt sich dieser bei der hohen Besucherfrequenz nicht vermeiden. Zwei zur Verfügung gestellte Punsch-Gutscheine für die Anrainer in Höhe von 7,20 Euro entschädigen nur bedingt.
Anrainerin Veronika Krenn stört aber auch, dass seit drei Jahren von Anfang November bis Ende Dezember ein großer Baustellen-Container direkt vor ihren Fenstern in ihrer Wohnung im Erdgeschoß steht. Nach Beschwerden wurde der Container zwar auf den erlaubten Mindestabstand zurückgesetzt. Im Jahr darauf wurde dieser aber wieder nicht eingehalten. Das Spiel wiederholte sich auch heuer. "Ich bin gespannt, ob dieser 2018 wieder direkt vor meinen Fenstern steht." (David Krutzler, 21.12.2017)