US-Präsident Donald Trump feiert mit den Spitzen der Republikanern im Kongress die Verabschiedung der Steuerreform.

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Das amerikanische Steuersystem ist bekannt für seine Komplexität und Ineffizienz. Nirgendwo in Europa ist es so schwierig, die Steuererklärungen korrekt auszufüllen, nirgendwo machen Berater so viel Geschäft.

Die Steuerreform, die am Mittwoch von den Republikanern im Kongress verabschiedet wurde, macht alles noch viel schlimmer. Es ist das wahrscheinlich schlechteste Steuergesetz in der US-Geschichte.

Der Schuldenberg wächst

Dass die in wenigen Wochen zusammengeschusterte Steuerreform vor allem den Reichen des Landes zugutekommt – den Aktionären und Unternehmern –, ist bekannt. Die moderaten Steuererleichterungen für Normalverdiener laufen darüber hinaus in acht Jahren aus.

Dass ein Land, dessen Schuldenberg bereits 20 Billionen Dollar oder mehr als 100 Prozent des Bruttoinlandsprodukts beträgt, weitere 1,5 Billionen Dollar Schulden machen will, ist erschreckend. Dass dies eine Partei beschließt, die jahrelang panisch vor Defiziten und Schulden gewarnt hat, noch mehr.

Es wird nicht funktionieren

Das Schlimmste an diesem Gesetz ist, dass es das Steuersystem noch komplexer, ungerechter und unvorhersehbarer macht. Es ist voller neuer Schlupflöcher, die Lobbyisten im letzten Moment einfügen ließen. Und es kann nach Einschätzung von Experten gar nicht funktionieren, weshalb es in absehbarer Zeit repariert werden muss.

Das Gesetz erlaubt es Einzelunternehmern, 20 Prozent von ihrer Steuerrechnung abzuziehen. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Spitzensteuersatz bei der Einkommensteuer 37 Prozent beträgt, etwas weniger als bisher, die Körperschaftssteuer aber nur 21 Prozent. Warum sollen nur Kapitalgesellschaften profitieren, so die Logik, und nicht Personengesellschaften?

Riesige Schlupflöcher

Manche Berufsgruppen können von diesem Schlupfloch profitieren, allen voran Immobilienentwickler wie Donald Trump – andere hingegen nicht. Ärzte und Anwälte steigen schlecht aus, alle Angestellten ebenso.

Aber das wird dazu führen, dass Menschen mit hohem Einkommen – Topmanager und Freiberufler – versuchen werden, ihr Einkommen über eine Firma laufen zu lassen. Findige Berater werden neue Wege suchen, um Steuern zu sparen, und die oft unüberlegten Passagen im Gesetz werden das möglich machen.

Wachsendes Defizit, höhere Zinsen

Der Steuerausfall kann dadurch noch viel größer werden als erwartet, die Defizite weiter in die Höhe gehen. Das könnte auch die Zinsen steigen lassen, nicht nur in den USA, auch weltweit. Und wenn die Steuertricks um sich greifen, droht das ganze System zu kollabieren. Der US-Finanzbehörde IRS fehlt es außerdem an Personal, um Steuerschwindel aufzudecken.

Weiters wird mit gutem Grund befürchtet, dass die Republikaner die explodierenden Defizite zum Anlass nehmen, Staatsausgaben radikal zu kürzen – darunter auch Sozial-, Gesundheits- und Umweltausgaben.

Auf jeden Fall wird durch das Gesetz eine wichtige Säule des Krankenversicherungssystems, die Versicherungspflicht für alle Amerikaner, zerstört. Obamacare ist dadurch nicht tot, aber die Prämien werden für viele steigen und die Zahl der Unversicherten ebenso.

Schlecht für die Wirtschaft und die Partei

Ein komplexes, unübersichtliches und ungerechtes Steuersystem fördert nicht das Wirtschaftswachstum – im Gegenteil. Die Unternehmen werden nicht mehr investieren, die neuen Jobs, die Trump verspricht, nicht entstehen. Und selbst, wenn: Die US-Konjunktur braucht derzeit nicht mehr "Deficit Spending", sie läuft ohnehin auf Hochtouren.

Bloß die Reichen werden reicher werden – aber auch nicht alle, sondern nur die, die durch das Gesetz bevorzugt werden. Der Präsident und wichtige Kongressmitglieder gehören dazu. Kein Wunder, dass sie jubeln.

Den Republikanern wird dieser Erfolg nichts nützen. Im Gegenteil: Die Steuerreform ist jetzt schon so unbeliebt, dass sie eine verheerende Wahlniederlage bei den Kongresswahlen im November 2018 noch viel wahrscheinlicher macht. Aber einer total korrumpierten Partei wie den Republikanern ist das nicht das Wichtigste: Hauptsache, sie und ihre Großspender können abkassieren. (Eric Frey, 21.12.2017)