Orange, Kalifornien – In den Tiefen des Meeres leben noch heute urtümliche Wirbeltiere, deren Vorfahren einen entscheidenden Entwicklungsschritt der übrigen Verwandtschaft nicht mitgemacht haben: Sie haben keinen Kiefer ausgebildet. Der Großteil dieser lebenden Fossilien gehört zur Familie der Schleimaale (Myxinidae), die in fast allen Küstengewässern vorkommen und oberflächlich betrachtet wie ein 30 bis 60 Zentimeter langer Aal mit Tentakelkranz am Kopf aussehen.

Museum of New Zealand Te Papa Tongarewa

Ihren Namen haben sie von ihrem charakteristischen Verteidigungssystem: Bei Attacken sondern sie aus Hautdrüsen Schleim ab, der sich mit dem umgebenden Wasser zu bemerkenswert großen Wolken von extremer Viskosität verbindet. Angreifer müssen ablassen, wollen sie darin nicht ersticken. Anschließend verknotet sich der Schleimaal und streift damit den Schleim vom eigenen Körper und den Kiemen ab.

Allerdings ist das erst Stufe 2 des Verteidigungssystems, berichten Forscher der privaten Chapman University in Kalifornien im "Journal of the Royal Society Interface". Der Schleim tritt erst in Aktion, wenn ein Angriff – also ein Biss durch einen Raubfisch – bereits erfolgt ist. Diesen Biss gilt es aber erst einmal zu überleben.

Da hilft dem Schleimaal die schlaffe Anatomie. Die schuppenlose Haut des Schleimaals ist nur sehr lose mit dem darunterliegenden Muskelgewebe verbunden, sagt Studienerstautor Douglas Fudge. Anstatt die Körperoberfläche bissfest zu machen, setzt das Tier auf die gegenteilige Strategie: Der zupackende Räuber hat nach seinem Angriff ein Maul voller Haut, die der Schleimaal entbehren kann – und ehe ein zweiter Biss ans Eingemachte gehen würde, breitet sich der schützende Schleim aus.

Und ganz offensichtlich ist der Verteidigungsmechanismus der urtümlichen Tiere erfolgreich: Schleimaalreste findet man in Fischmägen nur sehr selten, berichten die Forscher. (jdo, 25. 12. 2017)