Cambridge – Hippokrates von Kos war nicht nur der berühmteste Arzt der Antike, er gilt auch als derjenige, der die Medizin in den Rang einer Wissenschaft erhoben hat. Die umfangreichste Sammlung medizinischer Schriften aus der Antike, das Corpus Hippocraticum, soll teilweise auf ihn und seine Schüler zurückzuführen sein – auch wenn die exakte Urheberschaft bei kaum einem der Texte exakt zu bestimmen ist und einige davon noch vor die Zeit des Arztes (ungefähr 460 bis 370 vor unserer Zeitrechnung) zurückgehen.

Einige dieser Texte beschreiben recht anschaulich Infektionen mit Parasiten inklusive aller Folgen: Durchfall, Fieber, Sodbrennen, Anschwellen des Bauchraums und das Erbrechen von Würmern. Drei verschiedene Arten von Wurmparasiten wurden dabei unterschieden – welche Spezies die jeweiligen Namen bezeichnen, lässt sich freilich nicht mehr eruieren.

Blick auf die Ausgrabungsstätte auf der Insel Kea.
Foto: Department of Classics, University of Cincinnati

Forscher um Evilena Anastasiou von der Universität Cambridge glauben nun aber, das Raten etwas einengen zu können. Dafür wählten sie einen originellen Ansatz: Sie öffneten Grabstätten auf der griechischen Insel Kea, die wie Kos in der Südlichen Ägais liegt, und untersuchten sie auf Parasitenspuren. Genauer gesagt analysierten sie den Erdboden an der Oberfläche der Hüftknochen, wo der Kot der Leichen ins Erdreich gelangt sein muss.

Und tatsächlich fanden sie Reste der Eier von zwei Parasiten: dem Peitschenwurm (Trichuris trichiura) und dem Spulwurm (Ascaris lumbricoides). Da die Gräber aus unterschiedlichen Zeiträumen stammen – vom späten Neolithikum über die Bronzezeit bis zur Römerzeit –, lässt sich auf die Ausbreitungsgeschichte der Parasiten schließen.

Peitschenwürmer waren, durchaus zur Überraschung der Forscher, schon in der Jungsteinzeit vor Ort. Spulwürmer kamen in der Bronzezeit dazu; die untersuchten Gräber stammen aus dem zweiten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung. Diese beiden dürften also in den hippokratischen Texten gemeint gewesen sein. Von einem anderen verdächtigten Kandidaten, dem Madenwurm (Enterobius vermicularis), fand man hingegen zumindest in Kea keine Spur. (red, 25. 12. 2017)