Vom Flüchtling zum Paten eines Geflüchteten

Franjo Župaric unterstützt einen jungen Somalier dabei, sich zu integrieren.
Foto: privat

Franjo Župaric kam vor 25 Jahren nach Österreich. Der gebürtige Kroate flüchtete in das Land, wo sein Vater schon als Gastarbeiter arbeitete. Heute unterstützt er den 15-jährigen Somalier Noor, der komplett allein ohne Familie nach Österreich geflüchtet ist.

"Ich habe mit 12 etwas Ähnliches erlebt, aber mit besseren Voraussetzungen", sagt der 37-Jährige. Kennengelernt hat Župaric den Jugendlichen im August über das Projekt Open Heart der Kinder- und Jugendanwaltschaft Salzburg. Dort hat der 37-Jährige eine Ausbildung absolviert, die ihn auf die Betreuung junger, traumatisierter Flüchtlinge vorbereitet hat. Beim ersten Treffen sei Noor noch sehr zurückhaltend und schüchtern gewesen. "Beim zweiten Treffen hat er mich zum Abschied umarmt", schildert sein Pate.

Franjo Župaric macht bei dem Patenschaftsprojekt mit, weil auch er als junger Migrant Mentoren hatte. "Meine Lehrer und Mitschüler haben mich sehr unterstützt." In der Lieferinger Hauptschule sei er der einzige Flüchtling in der Klasse gewesen, das habe gut funktioniert. Reine Flüchtlingsklassen findet Župaric daher "unlogisch". Nach der Schule hat der Kroate eine Lehre als Großhandelskaufmann absolviert, heute ist er Lichtplaner bei einem Elektrogroßhändler und betreibt nebenberuflich eine Werbeagentur.

Noor will er darin unterstützen, dass er ebenso beruflich Fuß fasst. "Ich bin nicht sein Betreuer oder Elternersatz. Mein Wunsch ist, ihm zu helfen, dass er sich integrieren kann." Sie haben eine freundschaftliche Basis. Zirka einmal pro Woche kommt der junge Somalier mit der S-Bahn von Hallein nach Parsch. "Wir sind meist zu dritt unterwegs mit meinem zweijährigen Sohn." Sie gehen gemeinsam spazieren, schauen Filme, essen gemeinsam oder unterhalten sich einfach über die Schule. Die Treffen sind nicht an einem fixen Tag, sondern werden spontan über Whatsapp ausgemacht.

Am Beginn des ehrenamtlichen Engagements des 37-Jährigen stand die Durchreise vieler Flüchtlinge durch Salzburg im Jahr 2015. "Damals wurden Zelte in der Alpenstraße errichtet. Das war eine Zurschaustellung, als ob es Hunderttausende wären." In den Medien sei viel Negatives berichtet worden. Franjo Župaric wollte sich selbst ein Bild machen. "Man sollte Flüchtlinge kennenlernen, bevor man urteilt." (Stefanie Ruep)

Die Igelmama hat 270 Einzelgänger im Haus

Der Igel spielt im Leben von Gabriele Reisinger eine getragene Rolle.
Foto: Rohrhofer

Unmittelbar hinter dem schmucken Haus in der kleinen Ortschaft St. Lorenz steigt die Drachenwand imposant empor. Beim Blick vor die Haustür offenbart sich der Schafberg, und das Wasser des Mondsees scheint zum Greifen nahe. Doch für diese Schönheiten der Natur hat Gabriele Reisinger längst kein Auge mehr. Die pensionierte Volksschullehrerin hat sich nur auf ein Exemplar von Mutter Natur spezialisiert: Reisinger ist weit über die Berggipfel des Salzkammergutes hinaus als "Igelmama" bekannt.

Was vor 17 Jahren mit der Pflege eines unterernährten Igels begann, hat sich zu einer Igelstation samt Igelverein ausgewachsen. In Spitzenzeiten beherbergt Reisinger bis zu 400 Igel. Miniexemplare unter 800 Gramm werden zunächst in einer Drei-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoß einquartiert. Einmal satt und fett gefuttert, wandern die Igel in die zum Schlafquartier ausgebaute Garage, ehe sie im Frühjahr wieder ausgewildert werden.

Im Haus sind die Räume vom Boden bis zur Decke voll mit selbstgebastelten Boxen. In einer kleinen Küche wird die Igeljause für aktuell 270 Schützlinge vorbereitet. "Sie lieben aufgeweichtes Katzentrockenfutter. Manchmal gibt's Bananen oder eine Avocado dazu", erzählt die Tierliebhaberin. 14 bis15 Kilo Futter verputzen die geschützten Säugetiere täglich.

Solche Mengen gilt es auch ordentlich zu verdauen: Beißender Ammoniakgeruch in Reisingers Haus ist für Augen, Nase und Magen eine echte Belastungsprobe. Für die Igelmama gehört das einfach dazu. Viel mehr stört Reisinger die Ignoranz vieler Grünflächenbesitzer: "Jeder will nur mehr einen gestriegelten, unnatürlichen Garten. Aber der Igel ist ein Garten- und kein Waldtier. Er braucht diesen Lebensraum." Es sei furchtbar traurig: "Der Igel hat die Dinosaurier überlebt, den Menschen wird er vielleicht nicht überleben."

Die Pensionistin kämpft freilich jeden Tag für dieses Überleben: Um drei Uhr früh geht im Igelhaus täglich das Licht an, acht Stunden dauert allein das Ausmisten und Füttern. Im Moment werden täglich bis zu zehn neue "Gäste" abgegeben. Die Igelmama nimmt sie alle auf: "Natürlich muss man einen Vogel haben. Aber ich möchte der Natur etwas zurückgeben." Und außerdem sei sie selbst ein halber Igel: "Ich liebe meinen Garten und bin ein Einzelgänger." (Markus Rohrhofer)

Ein Anwalt, der bei Armut nicht wegschauen kann

Jurist Anton Schäfer teilt sein Wissen – mit Armen und auf Wikipedia mit allen.
Foto: Schäfer

Anton Schäfer (52) ist Rechtsanwalt. Spezialisiert auf Wirtschafts- und Europarecht, arbeitet er in Dornbirn und Liechtenstein. Er entspricht ganz und gar nicht dem Klischee eines Anwalts mit Sitz im Fürstentum. Schäfer ist "ein Sozi", wie er selbst sagt. Noch dazu einer, der seine Überzeugung lebt. Ziemlich lästig fällt er Politik und Behörden damit. Nicht als Dornbirner Ersatzgemeindevertreter, da ist er nach Eigendefinition "nur der dritte Zwerg in der letzten Reihe", sondern als Jurist. Schäfer stellt seine Expertise ehrenamtlich zur Verfügung. Solange das Engagement Vereinen wie dem Kolpingwerk oder den Naturfreunden galt, fiel er nicht weiter auf. Seit sich der Anwalt aber für bettelnde Menschen einsetzt, gilt er in vielen Amtsstuben als unerwünscht.

Schäfer kümmert sich um Armutsmigranten, seit er vor drei Jahren eine Roma-Familie kennenlernte, die unter einer Brücke leben musste. Er habe sich sofort an die Caritas gewandt "und erkennen müssen, dass sie nicht helfen konnte". Das Phänomen der Armutsmigration war in Vorarlberg neu, keine karitative Einrichtung war darauf vorbereitet. Die Helfer waren hilflos, die Behörden reagierten mit ungewohnter Härte. Schäfer gründete mit engagierten Bürgerinnen und Bürgern die Plattform Armutsmigration.

Auslöser für die Vereinsgründung waren Maßnahmen gegen bettelnde Menschen. Seit Notreisende aus Osteuropa das reiche Land im Westen Österreichs entdeckt haben, werden sie mit aller Härte verfolgt. 359 Verfahren beeinspruchte Anton Schäfer in drei Jahren. Ungezählte Mails schrieb er an politisch Verantwortliche. Er erinnert Politikerinnen und Politiker an Rassismus und Verfolgung in der Vergangenheit, verweist auf Parallelen zu heute. Schäfers Mails werden im Landhaus und in den Rathäusern gerne weggeklickt. "Ich gebe aber nicht auf", sagt Schäfer. Mehr als auf die Politik zähle er auf die Bürgerinnen und Bürger. Mit deren Hilfe gelinge es, Arbeitsplätze und Wohnungen zu finden. "Zum Glück floriert die Wirtschaft, und unsere Unternehmer sind offener als die Politik."

Wenn sich Anton Schäfer nicht seinem sozialen Ehrenamt widmet, erholt er sich bei einem weiteren, beim Arbeiten für Wikipedia. Er ist als Experte und Hobbyfotograf für das Onlinelexikon aktiv. Der Vielbeschäftigte ist froh, dass auch seine Ehefrau Wikipedianerin ist: "Das tut dem Familienleben gut." (Jutta Berger, 23.12.2017)