Weihnachtswunsch Nummer eins: Ruhe und Frieden ...

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... oder doch nicht?

TUBDUERN

Die kurzen Gespräche, die man vor Weihnachten, gehetzt, zwischen Tür und Angel, führt, ähneln einander von Jahr zu Jahr: Gott sei Dank ist "es" bald so weit, zum Glück ist "es" bald vorbei, "es" war noch nie so schlimm wie heuer, "es" ist einfach nur ein Irrsinn.

Hinter diesem "es" steckt alles: die Arbeitsüberlastung, weil aus nicht immer nachvollziehbaren Gründen vor dem Jahreswechsel noch einmal alles besprochen und erledigt werden muss; der Druck, den man sich selbst macht; die eigenen und die fremden Erwartungen an Weihnachten.

Das führt dazu, dass sich die Menschen, zumindest jene, die dazu befragt werden, regelmäßig und vor allem anderen wünschen: Frieden, Stille, Ruhe. Eine kleine Auswahl aus der diesjährigen STANDARD-Weihnachtsumfrage: "Ein friedliches Fest mit der Familie", "dass man wirklich Zeit füreinander hat", "dem Weihnachtsstress entfliehen", liegen in den Präferenzen der Befragten ganz vorn.

Das Interessante daran: Wirkliche Stille hielte der Mensch gar nicht aus, das hat die Wissenschaft längst erforscht und nachgewiesen. Die vollkommene Abwesenheit von Lärm ist für den Menschen, dieses an Hintergrundgeräusche von Artgenossen gewöhnte Herdentier, beunruhigend und stresserzeugend. Ein Sozialpsychologe der Universität Virginia hat College-Studenten als Probanden in einen leeren, schalldichten Raum gesetzt und ihnen als einzige Ablenkung die Möglichkeit geboten, sich selbst Stromstöße zu versetzen. Zu seiner großen Verwunderung, sagte er der "Zeit", setzten sich zwei Drittel der Männer und ein Viertel der Frauen selbst unter Strom. Wonach sich der Mensch also sehne, sei nicht Stille, sondern Ruhe, resümierten die Forscher.

Freilich, auch die gibt es nicht wirklich. Menschen sind nicht so. Krokodile, Bären im Winterschlaf, Schlangen und ganz wenige Yoga-Meister beherrschen dieses absolute Herunterschrauben der Lebensfunktionen. Der normale Mensch kann das nicht: Selbst im tiefsten Schlaf spielt es sich ab zwischen den Ohren. Die Hirnsysteme, die uns vorantreiben, bleiben aktiv, solange wir leben. Um auf Goethe zurückzukommen: "Über allen Gipfeln ist Ruh'" endet mit der Todesahnung: "Warte nur, balde ruhest du auch."

Vielleicht doch nur kurz innehalten, verschnaufen, einigeln, sich abschotten von der Welt zwischen Weihnachten und Neujahr. 2018 darf dann wieder stressig werden. (Petra Stuiber, 22.12.2017)