OkCupid hatte nach eigenen Angaben 2013 rund 30 Millionen Nutzer.

Foto: derStandard.at/Pichler

Kurz vor Weihnachten hat die weltweit aktive Datingplattform OkCupid eine gravierende Änderung seiner Nutzungsrichtlinien angekündigt. In einem Blogeintrag kündigt man an, Pseudonyme abzuschaffen. Nutzer sollen künftig ihre Klarnamen verwenden. Die Änderung treffe zuerst nur einen Teil der User, soll aber ab "bald" für alle gelten. Eine freiwillige Umstellung ist bereits möglich. Nutzer, die Teil der Testgruppe sind, müssen verpflichtend einen Namen angeben, bevor sie die Seite verwenden können.

"Echteres" Dating für Millionen User

Öffentliche Zahlen zur eigenen Mitgliedschaft hat das Portal, das sich bei der Verkupplung von Mitgliedern stark auf Algorithmen verlässt, schon länger nicht mehr veröffentlicht. Laut dem damaligen Director of Engineering hatte die Seite 2013 rund 30 Millionen Mitglieder, von denen sich etwa eine Million täglich einloggen würde.

Man wolle, dass die User sich als die Menschen zeigten, die sie seien und sich nicht "hinter einer weiteren Schicht Mystik" verbergen. Zwar seien Nicknames für manche Mitglieder eine Form auszudrücken, wer sie seien, doch viele täten sich schwer, einen solchen Namen zu erfinden oder sich zu merken, argumentiert den Schritt. Onlinedating solle "echter" werden. Dazu veröffentlichte man auch ein paar Statistiken zu oft genutzten Pseudonymen auf OkCupid.

Die E-Mail, mit der man die Änderung angekündigt hat.
Screenshot: OkCupid

Scharfe Warnungen vor Änderung

Zahlreiche Nutzer zeigen sich über diesen Schritt ganz und gar nicht begeistert. Sie verweisen auf die möglichen realen Auswirkungen der Verwendung des echten Namens auf einer Datingseite.

"Jeder der nicht gestalked werden will, wird sein Konto schließen. Jede queere, kinky oder non-monogame Person, die in einem Teil ihres Lebens eingeengt wird, wird auch ihr Konto schließen", schreibt eine Nutzerin in einem von 5.500 anderen Usern unterstützten Kommentar. Auch Transgender-Personen, die ihren Namen noch nicht geändert hätten oder Mitglieder, die nicht wollen, dass etwa ihre Eltern sie auf einer Datingseite finden, würden sich verabschieden.

"Ich habe keine Worte dafür, wie verrückt diese Änderung ist"

"Hört auf mit euren bevormundenden, unlustigen Blogeinträgen, mit denen ihr eure unnötigen Ändeurngen begründet", heißt es im zweitbeliebtesten Kommentar. "Feuert jeden, der hinter euren ‚wunderbaren Änderungen‘ der letzten Monate steht. (…) Ihr tötet etwas, das einmal eine großartige Seite war." Ebenfalls auf hohe Zustimmung stößt die Frage: "Warum wollt ihr einen Großteil eurer weiblichen Nutzer verlieren, indem ihre Sicherheit verringert?"

Ein Tonfall, der sich durchzieht. "Ich habe keine Worte dafür, wie verrückt diese Änderung ist", so ein weiterer User. "Das ist gefährlich, es ermöglicht Stalking, es schreckt von Ehrlichkeit und offener Kommunikation ab", heißt es im nächsten Kommentar. Einige Nutzer haben bereits erklärt, ihr Konto gelöscht zu haben oder dies zu tun, sobald die Klarnamenspflicht schlagend wird.

OkCupid rudert etwas zurück

Eine direkte Antwort auf die kritischen Anmerkungen hat OkCupid bislang nicht gegeben. Allerdings wurde das am 21. Dezember veröffentlichte Blogposting in der Zwischenzeit ergänzt (hier überprüfbar über eine ältere Kopie im Web Archive), ohne dass dies speziell kenntlich gemacht wurde. Auch eine Folgenachricht auf die E-Mail, mit der man die Abschaffung der Pseudonyme ankündigte, wurde nicht verschickt.

Im neu hinzugekommenen Absatz heißt es nun jedenfalls: "Wir haben von vielen Mitgliedern unserer Community gehört, dass sie die Privatsphäre, die sie mit Nutzernamen hatten, gerne aufrecht erhalten würden. Mit dieser Änderung werden wir keine vollen Namen verlangen, stattdessen ermuntern wir die Nutzer, jene Namen zu verwenden, mit denen sie von ihren Dates angesprochen werden wollen."

Ob dies die Situation beruhigen wird, bleibt abzuwarten. OkCupid scheint trotz des Protests der Nutzer bald auf Nicknames verzichten zu wollen. (gpi, 24.12.2017)