Blaue Liebesgrüße nach Moskau werden im Ausland kritisch beäugt – besonders seit den Freiheitlichen alle drei Nachrichtendienste Österreichs unterstehen.

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Das Dementi aus dem Innenministerium kam umgehend. "Die Zusammenarbeit mit ausländischen Geheimdiensten hat sich überhaupt nicht geändert", hieß es kurz vor den Weihnachtsfeiertagen, nachdem zuvor ein Tweet des ungarischen Journalisten Szabolcs Panyi für Schlagzeilen gesorgt hatte.

Panyi behauptete, dass amerikanische, britische und französische Geheimdienste die Zusammenarbeit mit dem im Innenministerium angesiedelten Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) in Fällen, die mit Russland zu tun haben, reduzieren werden. Grund sei der neue Innenminister Herbert Kickl, dessen FPÖ enge Kontakte zu Russland pflegt.

Der Tweet von Szabolcs Panyi.

Trotz der Zurückweisung des Ministeriums bleibt Panyi bei seiner Darstellung: "Ich traue meiner Quelle."

Nach STANDARD-Informationen aus Geheimdienstkreisen wird der blaue Innenminister zwar kritisch beäugt, die Zusammenarbeit mit dem BVT aber nicht reduziert.

Whistleblower und Leaks

"Das ist auch schwer möglich", unkt ein Geheimdienstinsider im Gespräch mit dem STANDARD. "Schon jetzt beschränkt sich die Zusammenarbeit zwischen vielen Diensten und dem Verfassungsschutz auf ein Minimum." Der Grund: Immer wieder gelangen heikle Informationen nach außen. Etwa nachdem der Whistleblower Edward Snowden 2013 mit seinen Enthüllungen über die Überwachungsaktivitäten der NSA an die Öffentlichkeit getreten war. Damals bestätigte ein hoher Beamter gegenüber Journalisten die Existenz eines Vertrags zwischen Österreich und dem US-Geheimdienst – bis zu jenem Tag im Juli 2013 quasi ein Staatsgeheimnis. Damit stieß besagter Beamter nicht nur die Amerikaner vor den Kopf, sondern auch das Bundesheer. Beide wollten nämlich kein Wort über die Vereinbarungen verlieren, die die Rahmenbedingungen für die Zusammenarbeit zwischen der NSA und dem Heeresnachrichtenamt (HNA), dem Auslandsgeheimdienst des Heeres, regeln.

Mitten im Wahlkampf 2017 sorgte dann auch ein Whistleblower aus dem Innenministerium für Ungemach. Medien wurde ein Dossier zugespielt, in dem sich nicht nur massive Vorwürfe gegen einzelne Mitarbeiter finden, sondern auch Infos über delikate Vorgänge. So wurde bekannt, dass das Ministerium den südkoreanischen Sicherheitsbehörden 2016 Zugang zu nordkoreanischen Reisepassmustern aus österreichischer Produktion verschafft hatte.

"Ausländische Geheimdienste halten uns für unprofessionell"

"Die ausländischen Geheimdienste halten uns für unprofessionell", so der Geheimdienstinsider. Er betont, dass es für die Bekämpfung von islamistischem Extremismus und Wirtschaftsspionage unabdinglich sei, mit anderen westlichen Geheimdiensten wieder enger zusammenzuarbeiten. Seitens des Innenministeriums heißt es dazu lediglich, es werde "derzeit viel behauptet".

Thomas Riegler, Historiker mit den Spezialgebieten Nachrichtendienste und Terrorismus, glaubt auch nicht an einen "großen Bruch" mit ausländischen Geheimdiensten, da Österreich aufgrund der starken wirtschaftlichen Verflechtungen "schon seit Jahren als Kreml-freundlich" gelte. Auch spielten für Geheimdienste "praktische Überlegungen oft eine größere Rolle als die Politik". Zudem sei der Spionageplatz Wien auch in Zukunft wichtig – "wegen des Zugangs zu internationalen Organisationen wie Uno, Opec und OSZE", so Riegler.

Keine Aufklärung über NSA-Aktivitäten

Alle drei Einrichtungen wurden von der NSA ausspioniert, wie die Snowden-Papiere belegen. Die Partnerschaft des US-Dienstes mit dem Heeresnachrichtenamt ist auch ein Grund dafür, warum es bisher keinerlei offizielle Aufklärung über NSA-Aktivitäten hierzulande gab. Das Bundesheer betont in einer Stellungnahme an den STANDARD, dass "jegliche Zusammenarbeit nur punktuell erfolgt",etwa um im Ausland in Not geratene Österreicher nach Hause zu holen". Und es sind diese Heimholaktionen, die für ein positives Image des HNA in der Öffentlichkeit sorgen.

Anders sieht es beim zweiten Nachrichtendienst des Bundesheeres aus. Das Abwehramt, eine Art Werksschutz für das Heer, fällt seit Jahren durch interne Fehden und Berichte über Datenabflüsse – auch an die FPÖ – auf. In den vergangenen Jahren wirbelte die sogenannte "Sauschädelaffäre" medialen Staub auf.

Strache und die Informationen des russischen Geheimdienstes

Ein Zuträger des Abwehramts wurde ertappt, als er gemeinsam mit dem Anführer der rechtsextremen Splittergruppe "Partei des Volkes" (PdV) eine Moschee schändete. Bei der Tat wurde ein Schweinekopf im Außenbereich der Moschee befestigt und Schweineblut verspritzt.

Brisant: Der neue freiheitliche Verteidigungsminister Mario Kunasek tauchte während der Flüchtlingskrise 2015 gemeinsam mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache bei einer Veranstaltung im steirischen Spielfeld auf, bei der auch die Köpfe der Kleinstpartei anwesend waren. Ein Video zeigt, wie Strache sie begrüßt. Der neue Vizekanzler erzählte den damals Anwesenden von Informationen des russischen Geheimdienstes über Migrationsbewegungen. (Markus Sulzbacher, 3.1.2018)