Wien – Zeit- und schnörkellos steht er da, der neue Fiesta. Schon wieder, möchte man anerkennend hinzufügen, denn anders als der fünftürige Focus mit seiner verunglückt-patscherten Heckleuchtengrafik ist der kleinere Bruder stets ohne stilistische Bruchstellen ausgekommen.

Lagun-Blau Met. heißt die Farbe, und "Met" hat weder mit Honiggetränk noch mit Metropolitan Opera zu tun. Passt jedenfalls gut zum neuen Fiesta, der wie gewohnt unaufdringlich gefällig daherkommt.
Foto: Andreas Stockinger

Ähnlich wie der Rest der traditionellen Kleinwagen – VW Polo, Opel Corsa, Renault Clio etc. – hat er im Lauf der Generationen ordentlich zugelegt. Der erste Fiesta von 1976 war 3,57 Meter lang, zuletzt kam er auf 3,97 Meter, neuerdings sind es 4,04 – bei gleichem Radstand übrigens wie beim Vorgänger, woraus sich schließen ließe, dass Ford bei der technischen Architektur durchaus auf Bewährtes zurückgegriffen haben mag.

Aufgeräumter Innenraum

Anders aber als der Vorgänger wirkt er jetzt auch innen sauber und aufgeräumt, die merkwürdigen tasten- und knopferlbefrachteten Geschwüre in der Mittelkonsole sind Geschichte, die wesentlichen Bedienfunktionen sind ins Multifunktionslenkrad gewandert, der Rest in den zentralen Infotainmentbildschirm über den mittigen Lüftungsdüsen. Resultat: Laut Hersteller fast um die Hälfte weniger Schalter und Knöpfe. Auch die Bedienlogik hat enorm gewonnen, trotz Touchscreens.

Der neue Innenraum des Fiesta.
Foto: Andreas Stockinger

Und wenn wir schon dabei sind: Für einen Kleinwagen hat der Fiesta erstaunlich viele technische Inhalte zu bieten, von den (Sicherheits-)Assistenzsystemen bis zum Vernetzungspotenzial – Digitalisierung ist eben inzwischen in fast jeder Fahrzeugklasse ein Thema.

Das Mäusekino.
Foto: Andreas Stockinger

Ford geht sogar einen Schritt weiter und bietet Behältnisse (Handschuhfach, Türseitenfächer) für analoge Ausgaben von E-Reader-Inhalten. Die Innovation nennt sich Buchdruck, ein gewisser Johannes Gutenberg hat sich das einfallen lassen. Braucht keine Energie, gibt eher welche ab. Hält praktisch ewig und die Ortungsfunktion ist permanent deaktiviert – blöde Sache für NSA und andere Big-Data-Sammler ...

Das knackige Heck des Fiesta.
Foto: Andreas Stockinger

Die Frage, ob das Wachstum an die Insassen weitergereicht wurde, darf mit Ja beantwortet werden. Bei wie gesagt gleichem Radstand ging sich ein leichtes Breitenwachstum aus (1,2 cm). Das und die schlankeren Sitze sorgen auch hinten für angenehmere Platzverhältnisse, sodass man dort nun auch Freunde guten Gewissens unterbringen kann.

Fast 1100 Liter passen in den Kofferraum.
Foto: Andreas Stockinger

Motorisiert waren wir mit dem neuen 1,1-Liter-Sauger-Benziner mit 85-PS-Version, dazu gereicht wird eine oben lang übersetzte 5-Gang-Schaltung. Der 3-Zylinder ersetzt den bisherigen 1,25er. Klar, die Leistung langt völlig für so ein Auto. Kennt man aber den turbobeatmeten 1,0-Liter-EcoBoost, dann fehlt einem hier was, Stichwort: Fahrspaß. Und so viel sparsamer ist der 1,1er auch nicht. (Andreas Stockinger, 12.1.2018)

Foto: Andreas Stockinger

ZWEITE MEINUNG

Der neue Ford Fiesta bietet innen mehr Platz, als man von außen vermuten würde. Der Mini ist aber auch maxi, was elektronische Helferlein betrifft: Die meisten Assistenzsysteme, die man bei teureren Autos gewohnt ist, stehen im neuen Fiesta ebenfalls zu Diensten. Bequem ist der acht Zoll große Touchscreen, über den sich alle Funktionen (auch die Smartphone-Anbindung) intuitiv bedienen lassen. Entfernt man den doppelten Boden im Kofferraum, gewinnt man rund 15 Zentimeter an Tiefe. Im Notfall lässt sich sogar ein Rollstuhl verstauen. (Günther Strobl)