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Im Jahr 2013 trat mit dem Team Stronach eine Partei an, die es heute nicht mehr gibt. Ihre Wähler werden nun umworben.

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Wien – Das Antreten des Austrokanadiers Frank Stronach und seines Teams galt als die große Sensation des Wahljahres 2013 – der grauhaarige Mann versprach, die heimische Politik mit neuen Werten zu füllen. Und sich selbst versprach er von der Wahl, zur stärksten politischen Kraft des Landes aufzusteigen.

Daraus ist nichts geworden. Aber immerhin gab es sowohl auf Landes- als auch später auf Bundesebene Achtungserfolge und sogar Regierungssitze in drei der vier Bundesländer, in denen in diesem Frühjahr gewählt wird.

Auftakt in Niederösterreich

Die Niederösterreich-Wahl am 28. Jänner bildet den Auftakt: Hier steht mit Johanna Mikl-Leitner an der Spitze von Land und ÖVP eine neue Listenführerin zur Wahl, nachdem sich Erwin Pröll vor nicht einmal einem Jahr zurückgezogen hat. Parteiintern wird scharf beobachtet, ob die vom Arbeitnehmerflügel ÖAAB kommende Spitzenfrau stärkere Unterstützung der anderen Bünde bekommt als seinerzeit der Bauernbündler Pröll. Dieser hatte bei seinem ersten Antreten an der Spitze so starke Reformansagen gemacht, dass ihn das Parteiestablishment um Amtsvorgänger Siegfried Ludwig (ÖAAB) im Stich ließ.

Mikl-Leitner hat sich vorsorglich von allen Teilorganisationen zur Spitzenkandidatin küren lassen und umwirbt die Bauern mit einem eigenen Auftritt beim erweiterten Landesbauernrat kommende Woche in St. Pölten.

Die Umfragen zeichnen im Land unter der Enns ein sehr unsicheres Bild: Eine in der Presse veröffentlichte Sozab-Umfrage vom Dezember sieht die ÖVP weiter an der absoluten Mehrheit bei 50 Prozent – in einer OGM-Umfrage vom November kam die ÖVP aber nur auf 45 Prozent.

Wahlforscher tun sich mit Landtagswahlen generell schwer, weil in den Ländern nicht so regelmäßig Daten erhoben werden – und viele Befragte im eigenen Bundesland andere Präferenzen haben als bei Bundeswahlen. Und: Viele Wahlberechtigte wollen sich auch nicht gerne daran erinnern, dass sie einmal von Stronach und seinem inzwischen zerfallenen Team so begeistert waren.

Gerade in Niederösterreich, wo das Team Stronach zuletzt 96.016 Stimmen hatte, sind Wahlprognosen mit besonderer Unsicherheit behaftet.

Dazu kommt, dass etliche Klein- und Kleinstparteien, die bei den vergangenen Wahlen angetreten sind, diesmal nicht auf dem Wahlzettel stehen. In Niederösterreich kam die KPÖ im Jahr 2013 noch auf 7559 Stimmen, die Liste Mut kam auf 5968 Stimmen und die Piratenpartei auf 501. Nur die Christliche Partei (CPÖ), die zuletzt auf 841 Stimmen gekommen ist, wird auch heuer wieder in den Wahlkreisen Amstetten, Melk und Mödling auf dem Stimmzettel stehen.

Verschwundene Parteien

In Niederösterreich sind also ziemlich genau 110.000 Stimmen auf dem Markt – vorausgesetzt, dass die bisherigen Wähler dieser vom Wahlzettel verschwundenen Parteien überhaupt wählen gehen. Es erscheint zumindest nicht unwahrscheinlich, dass ein Gutteil dieser Wähler auch einfach daheimbleibt. Die Wählerstromanalyse, die das Sora-Institut nach der Niederösterreich-Wahl 2013 angestellt hat, ergibt nämlich, dass die Stronach-Liste Frank damals gut ein Drittel ihrer Wähler aus dem Reservoir ehemaliger Nichtwähler geschöpft hat; zudem kam jeder fünfte Frank-Wähler aus der FPÖ-Wählerschaft der Landtagswahl 2008.

Umgekehrt: Bei der Niederösterreich-Wahl 2013 gab es 408.535 Nichtwähler, gut 38.000 mehr als noch 2008. Zudem haben 19.527 Personen ungültig gewählt – was nicht unbedingt ein Hinweis auf die Unfähigkeit, den Stimmzettel korrekt auszufüllen, ist, sondern auch als eine Protesthandlung gegen das Wahlsystem gesehen werden kann.

Welche Partei es schaffen kann, aus dem Reservoir der Nicht- und Ungültig-Wähler der vorigen Wahl zu schöpfen – und damit womöglich die Wahlbeteiligung von zuletzt nur 70,87 Prozent zu erhöhen -, kann daher einen sehr großen Einfluss auf das tatsächliche Wahlergebnis haben.

Tiroler Wahlmüdigkeit

Etwas anders stellt sich die Situation in Tirol dar: Da hatte das Team Stronach mit 10.637 Stimmen zuletzt zwar nur 3,36 Prozent erreicht – dafür haben die Liste Vorwärts Tirol (30.229 Stimmen und vier Mandate), der Bürgerklub Tirol (15.326 Stimmen, kein Mandat), die Liste Für Tirol (2322 Stimmen), die KPÖ (1690 Stimmen) und die Piratenpartei (1207 Stimmen) insgesamt gut 16 Prozent der Stimmen eingefahren, die jetzt ebenfalls auf dem Markt sind. Dazu kommt, dass die Wahlbeteiligung in Tirol im Jahr 2013 mit 60,4 Prozent sehr gering war.

Dabei weiß man, dass die Tiroler durchaus bereit sind, zur Wahl zu gehen, wenn die Ausgangslage entsprechend spannend ist. Bei der Nationalratswahl im vergangenen Oktober ist die Wahlbeteiligung deutlich gestiegen und mit 76,4 Prozent nicht allzu weit von den bundesweit 80 Prozent abgewichen.

Die aktuellste Tirol-Umfrage von Research Affairs sieht die ÖVP mit Landeshauptmann Günther Platter unangefochten vorne: 38 Prozent und einen deutlichen Respektabstand zur FP berichtete die "Tiroler Tageszeitung" zuletzt. Die FPÖ wäre mit 24 Prozent klarer Zweiter – das Ergebnis entspräche etwa dem der Nationalratswahl und wäre zweieinhalb mal so hoch wie bei der letzten Landtagswahl, die für die Freiheitlichen besonders schlecht gelaufen ist.

Spannend wird die Tirol-Wahl auch dadurch, dass die Grünen in der Umfrage ihr bisheriges Niveau nicht halten können und dass die Neos gute Mandatschancen haben – während es gleichzeitig für die Liste Fritz schlecht aussieht und andere Kleinparteien überhaupt verschwinden dürften.

Erholte Salzburger ÖVP

Im etwas kleineren Salzburg mit knapp 400.000 Wahlberechtigten war die Wahlbeteiligung im Jahr 2013 auf 71 Prozent gesunken – infolge des Finanzskandals hatte die SPÖ laut Wählerstromanalyse von Sora nur etwa die Hälfte der Stimmen der vorherigen Wahl halten können, der größte Wählerstrom 2013 ging an die Nichtwähler. Auch die ÖVP hat bei der Wahl 2013 massiv Wähler und Stimmanteile verloren, mit 29 Prozent war sie aber stark genug, den Landeshauptmann zu stellen und mit den auf etwas über 20 Prozent stark gewordenen Grünen als drittstärkster Kraft im Land eine Koalition zu bilden.

In der jüngst veröffentlichten, von den "Bezirksblättern" in Auftrag gegebenen GMK-Umfrage legt die ÖVP sogar auf 41 Prozent zu. Auch wenn die Grünen stark verlieren (laut GMK auf elf Prozent), ginge sich die Koalition bequem aus. Schwer einzuschätzen ist die FPÖ, die von GMK und Imas auf 16, von anderen Instituten aber auf um die 25 Prozent geschätzt wird. Die Stärke der Freiheitlichen mit Marlene Svazek hängt auch von Stärke oder Schwäche diverser rechter Kleinparteien um Hans Mayr und Karl Schnell ab.

Nicht ganz so unsicher ist die Lage in Kärnten: Die Landeshauptmannpartei SPÖ kann auf ein Halten ihrer rund 38 Prozent hoffen – eng wird es vor allem für die Grünen. (Conrad Seidl, 7.1.2018)