Mikaela Shiffrin am Slalom-Thron. Die Konkurrentinnen Wendy Holdener (li), Frida Hansdotter (re) und Kolleginnen waren wieder einmal chancenlos.

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Ein ÖSV-Lichtblick am Slalomhimmel: Katharina Gallhuber.

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Zagreb – Mikaela Shiffrin schickt sich weiter an, die Superlative im alpinen Skisport neu zu definieren. Im Slalom degradiert sie an Weltcup-Jahren erfahrenere Kolleginnen zu Statistinnen, dabei sieht sich die US-Amerikanerin durchaus auch in der Tradition solcher Allroundgenies wie Janica Kostelic und Tina Maze und malt sich mehrere Olympia-Medaillen aus. "Ich bin wirklich eine Träumerin", sagte Shiffrin.

Zagreb ist ein besonderer Ort für Shiffrin. Fast unglaublich, aber wahr: Bisher hat die 22-Jährige nur in der kroatischen Hauptstadt und in Aare drei Weltcup-Slaloms gewonnen. Wobei das nichts mit der Beschaffenheit des jeweiligen Hangs zu tun habe. "Es ist nichts Spezielles, sondern wenn ich mich wirklich gut fühle und Vertrauen in mein Skifahren habe, dann kann ich diese Läufe haben, die echt Spaß machen und zugleich wirklich aggressiv sind", erläuterte sie.

Schild und Miller beeindruckt

"Es ist mittlerweile sehr oft ein Rennen um Platz zwei, aber das passt. Die Mika macht das so souverän, dass man eigentlich den Hut ziehen muss. Echt gewaltig", gab die Österreicherin Bernadette Schild zu. "Ich denke, sie ist wahrscheinlich der beste Skirennläufer, den ich je gesehen habe, männlich oder weiblich", bekannte Bode Miller dieser Tage in einem Reuters-Interview.

Weil Shiffrin derzeit wieder in einer eigenen Liga fährt, freute sich die zweitplatzierte Wendy Holdener am Mittwoch über ihr erstes Podium in Zagreb. "Mir hat es hier immer gefallen, aber ich war noch nie schnell. Zum Glück bin ich gestern gestürzt und nicht heute", sagte die Schweizerin, nachdem sie am Dienstag bei der Startnummernvergabe auf Schlittschuhen eine veritable "Brezen" hingelegt hatte.

Frida Hansdotter ist nun bereits Zweite und Dritte in Zagreb gewesen – der erste "Schneekönigin"-Sieg fehlt der erfahrenen Schwedin weiter. "Mikaela ist ein bisschen zu schnell, daher keine Krone für mich", erklärte die 32-Jährige ohne Umschweife. "Es gibt aber noch immer eine Menge Rennen, und ich denke, alles kann passieren. Ich muss mich einfach auf mein Skifahren konzentrieren."

Moser-Pröll und Stenmark im Visier

Welche irrwitzigen Höhen die Erfolgsstory Shiffrin noch erreichen wird, kann man sich nur ungefähr ausmalen. Noch haben Annemarie Moser-Pröll (41) und Ingemar Stenmark (40) mehr Rennen vor dem 23. Geburtstag gewonnen. Doch Shiffrin, die aktuell 38 Weltcup-Siege zu Buche stehen hat, überschreitet dieses Datum erst am 13. März. Bis dahin könnte sie schon weit über 40 Siege gesammelt haben.

Der Gesamtweltcup ist definitiv eines ihrer Ziele in dieser Saison. Dem Rekord von 2.414 Weltcup-Punkten, den die Slowenin Tina Maze in der Saison 2012/13 erreichte, wolle sie dagegen nicht nachjagen. "Wahrscheinlich ist es möglich, so viele Punkte wie sie zu machen, aber es ist sehr, sehr schwierig", meinte Shiffrin, die auch ein bisschen hofft, dass Mazes Rekord nie übertroffen wird, "denn sie sollte als eine der besten Skirennläuferinnen in Erinnerung bleiben."

Kostelic als Vorbild

Slalom-Olympiasiegerin ist sie bereits. In der Heimat der Ski-Legende Kostelic wurde sie nun gefragt, ob sie von deren Olympia-Ausbeute von Salt Lake City 2002 träume. Die Kroatin gewann seinerzeit dreimal Gold (Slalom, Riesentorlauf, Kombination) und einmal Silber (Super-G). Shiffrin wird im Februar in Pyeongchang Slalom und Riesentorlauf und aller Voraussicht nach auch die Kombination bestreiten. Starts in Super-G und Abfahrt bezeichnete sie zudem als möglich, für den Team-Event plane sie hingegen nicht.

"Ich gebe zu, es gibt Momente, da denke ich an die Olympischen Spiele, und dass ich eine Chance habe, zwei, drei oder vier Medaillen zu gewinnen. Aber es ist wirklich, wirklich schwierig", antwortete Shiffrin. "Ich sehe nichts als ausgemacht an. Ich könnte mit vier Medaillen aussteigen, ich könnte aber auch mit nichts aussteigen." Kostelic, die ihr am Mittwochabend bei der Siegerehrung die Schneekönigin-Trophäe überreichte, sei jedenfalls eines ihrer Vorbilder.

ÖSV-Lichtblicke

Für Österreichs junge Slalom-Damen fungiert Schild als Vorbild und sie kommen langsam auf Touren. In Zagreb erreichten mit Katharina Gallhuber und Katharina Liensberger zwei 20-Jährige ihr bisheriges Karrierehoch. Schild betrachtet die positive Entwicklung mit Erleichterung.

Phasenweise war das Slalom-Aushängeschild bei den ÖSV-Damen praktisch im Alleingang für Top-Ten-Ergebnisse verantwortlich. In dieser Saison scheint eine neue Welle von Läuferinnen den Sprung nach vorne zu schaffen. "Wir haben es uns alle erhofft, dass da schön langsam was passiert, und das ist super", sagte Schild. "Letztes Jahr waren wir echt ein winziges Team, das um Punkte gekämpft hat."

Drei Top-Ten-Ergebnisse von Gallhuber

Eindeutig stabilisiert hat sich die Leistungskurve von Gallhuber, die wie Kathrin Zettel und Thomas Sykora aus Göstling an der Ybbs stammt. Nach Killington und Lienz beendete die Atomic-Pilotin auch den dritten Slalom in Folge unter den ersten zehn. Der sechste Platz, womit sie im Klassement direkt hinter Schild stand, bedeutete das beste Ergebnis in ihrer Karriere.

Als Halbzeit-Neunte startete Gallhuber im Zagreb so spät wie nie zuvor im zweiten Durchgang. "Es hat für mich nichts geändert. Es war für mich am Start oben klar, ich muss Gas geben, weil sonst wird es einfach eng, dass unten Grün aufleuchtet", erklärte die Niederösterreicherin.

Liensberger freute sich ebenfalls über ein Topergebnis. "Zagreb wird immer in positiver Erinnerung sein", vermeldete die 20-Jährige, die vorher noch nie unter die besten zehn gefahren war. Nun machte sie mit einem achten Platz auch außerhalb von Vorarlberg von sich reden. "Step by step geht es voran. Ich versuche mit jeder Fahrt, einfach meine Leistung so gut wie möglich abzurufen", so Liensberger.

Während Gallhuber schon an der ersten Startgruppe kratzt, wird Liensberger, die mitunter "Liensi" gerufen wird, bei den nächsten Rennen eine Nummer innerhalb der Top 30 ausfassen. "Egal, was für eine Nummer ich habe, für mich gilt einfach, ich möchte so gut wie möglich schnell skifahren", sagte die junge Athletin.

Mehrkampf um Olympia-Tickets

Stark war im ersten Durchgang auch der Auftritt von Julia Grünwald, im Finale fiel sie von Rang 15 auf 27 zurück. Die Salzburgerin ist zwar mit 26 Jahren nicht mehr die Jüngste, hat ihr Talent auch wegen Verletzungen bisher aber nie richtig zeigen können. Katharina Huber (21.) ließ vor allem im zweiten Lauf Potenzial erkennen, während Katharina Truppe (20.) und Carmen Thalmann (22.) schon weit bessere Leistungen gezeigt haben.

Da man die zwei Kärntnerinnen aber keineswegs abschreiben sollte, ist ein harter Kampf um die Startplätze bei den Olympischen Spielen in Südkorea programmiert. Schild hat ihren Startplatz im Slalom wohl sicher. Die Salzburgerin blickte am Mittwoch optimistisch in die nahe Zukunft. "Ich bin Fünfte geworden mit richtig schweren Fehlern. Das heißt, ich bin schnell", meinte die seit kurzem 28-Jährige. "Locker bleiben, weitermachen – dann glaube ich echt, dass es nicht mehr lange dauert, dann stehe ich vielleicht schon in ein paar Tagen in Kranjska Gora wieder ganz vorne." (APA, 4.1.2018)