Karl Valentins Filmkunst stand für viele dem Dadaismus nahe. Er selbst bestritt das.


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Linz – Der Münchner Komiker Karl Valentin (1882-1948) drehte bereits 1913 seine ersten beiden Stummfilme, es folgten weitere groteske Meisterwerke und ab 1932 Tonfilme. Komisch-absurde Kunst, die viele Kritiker und Zeitgenossen – nur er selbst nicht – dem Dadaismus zurechneten.

Neben den Intellektuellen (von Lion Feuchtwanger und Hermann Hesse über Bertolt Brecht und Kurt Tucholsky bis Egon Erwin Kisch und Alfred Polgar) wusste diese Kunst auch die einfachen Leute in den volkstümlichen Vergnügungsstätten zu begeistern.

Gerade im Film kommt die ganze Bandbreite seiner Komik zur Geltung: Sie ist mimisch und gestisch, aber auch verbal-sprachakrobatisch und handlungsmäßig wirksam. Kritiker Alfred Kerr nannte ihn einen "Wortzerklauberer" -Sprachspiele als Kommunikationsstörungen, die den sozialen und sprachlichen Konventionen die Logik austreiben respektive diese Logik auf den Kopf stellen.

Das Linzer Cinematograph zeigt kommende Woche Valentinaden in Form von vier Tonfilmen. Meist gibt Valentin den getretenen, von Armut und sozialem Abstieg akut bedrohten Kleinbürger, oft ein Handwerker oder Musiker, der mit sich und der Welt nicht wirklich zurechtkommt.

Hungerkünstler

Valentin, auch schon vor dem Krieg eine Art "Hungerkünstler", weil zaundürr und völlig ausgezehrt, pflegt ein inniges Verhältnis zu den wenigen persönlichen Gegenständen, die er am Körper trägt. In Es knallt (1933/34) spielt er einen Schützenkönig, der seine sieben Zwetschken an der Garderobe des Nobelrestaurants nur sehr widerwillig abgibt.

Apropos Hungerkünstler: In Das verhängnisvolle Geigensolo mimt der Münchner Wortverdreher, der am Ende seines Lebens tatsächlich diesen gegen Hunger und Armut kämpfenden Bühnenfiguren glich, einen Violinvirtuosen, dessen Spiel plötzlich von einem Beamten unterbrochen wird. Auf die Frage nach seinem Beruf antwortet der Musikus: "Hungerkünstler." Gepfändet werden soll er trotzdem, auch wenn er angibt, pfändbar sei bei ihm nur "das nackte Leben". Die Geige müsse er behalten, denn damit verdiene er sein Brot – pardon: Brötchen, äh Brezeln, nein: Bröseln.

Ähnliche Helden, die um ihren wenigen Besitz fürchten, spielt er auch im ebenfalls in Linz laufenden Episodenfilm Beim Nervenarzt. Weiters zu sehen: Der Zithervirtuose (1934): Darin misst er die Länge der Saiten seines Instruments mit einem Zollstab nach – weil sein Spiel gar so falsch klingt. (Gerhard Dorfi, 5.1.2018)