Foto: Regine Hendrich
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Foto: ORF/MR Film/Hubert Mican
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2018 fängt für Eva Blimlinger schon einmal gut an: Die Rektorin der Akademie der bildenden Künste und ORF-Publikumsrätin freut sich auf neue Folgen der Vorstadtweiber.

Flaggschiffserie des ORF

Der ORF geht mit seiner Flaggschiffserie Montag um 20.15 Uhr in die dritte Saison. Sie gehört zu Blimlingers Lieblingsprogrammen, "weil es eine gelungene Eigenproduktion ist und ein Milieu charakterisiert, das sehr gut durch die Charaktere dargestellt wird". DER STANDARD bat Blimlinger vorab zum Testschauen der ersten Folge.

Spoilerängstliche Naturen können übrigens unbesorgt weiterlesen: Kommende Spielzüge werden nur zart angedeutet, Details nicht verraten.

Von links: Bernhard Schir (Hadrian Melzer), Johannes Nussbaum (Simon Schneider), Gerti Drassl (Maria Schneider), Philipp Stix (Antonio), Juergen Maurer (Georg Schneider), Maria Köstlinger (Waltraud Steinberg), Victoria Nikolaevskaja (Pia), Nina Proll (Nicoletta Huber), Philipp Hochmair (Joachim Schnitzler).
Foto: ORF/MR Film/Hubert Mican

Die Ladys der Serie starten in die neue Saison – so viel darf man sagen – nicht ganz so gut. Der Cliffhanger am Ende der zweiten Staffel bringt Wirrnisse und ganz am Anfang einen typischen Vorstadtweiber-Moment: laut, überdreht – und je mächtiger die Damen kreischen, desto bekümmerter wird Blimlingers Blick: "Oje, der Kottan-Effekt schlägt zu." Gegen Ende sei es da "nur mehr um die Gags" gegangen. Ähnliches befürchtet sie nun bei den Vorstadtweibern.

Wickel kündigen sich an

Die stecken schon wieder im tiefen Schlamassel. Hilde Dalik, Gerti Drassl, Martina Ebm, Maria Köstlinger und Nina Proll sind wieder mit von der Partie. Wickel kündigen sich auch unter den Herren der Vorstadtschöpfung an. Uli Brée schrieb neuerlich das Drehbuch, Sabine Derflinger führte bei den ersten fünf Folgen Regie, die zweite Halbzeit übernahm Harald Sicheritz.

Präsentation der dritten Staffel der "Vorstadtweiber" in Wien.

Blimlinger mag, dass die Frauen im Mittelpunkt stehen. Das Frauenbild sei "ambivalent, aber genau das macht den Spaß aus". Es gehe in Serien nicht darum, "notwendigerweise aufklärerisch zu wirken", sagt Blimlinger.

Gut, dass das Konzept schiefgeht

"Diese Geschichte 'Wir wollen die reichen, prominenten, guten Männer' geht immer schief. Das Konzept geht schief, deshalb finde ich die Serie gut. Auch die Männer, die da Erfolg haben wollen und durch und durch korrupt und kriminell sind – sie scheitern alle mit ihrem Konzept, zumindest in der Serie."

In ihrem Bekanntenkreis hat Blimlinger keine "Vorstadtweiber": "Das ist eine aussterbende Spezies. Der Mehrzahl der Frauen durch alle Schichten und Klassen ist vollkommen klar, dass es das Leben nicht besser macht, wenn man sich finanziell von den Typen abhängig macht, im Gegenteil."

Gerti Drassl, Maria Köstlinger, Martina Ebm und Nina Proll mit einem "Neuen", Murathan Muslu.
Foto: ORF/MR Film/Hubert Mican

Im Fernsehen demonstrieren die Weiber Entschlossenheit: "Wir brauchen neue Männer!", ruft Walli (Köstlinger) in die Runde. "Frische, unverbrauchte, ehrliche, reiche, potente, fesche Männer!" Die schauen sie groß an: "Was du meinst, gibt's nicht", sagt Nico (Proll).

"A bissl a Schlampen"

Blimlinger ist amüsiert: "Nina Proll passt wunderbar in diese Rolle. Die Figur ist ihr auf den Leib geschrieben, eine Übereinstimmung zwischen Person und Rolle, die selten ist. Ich wüsste nicht, wie man das anders besetzen sollte, zumindest gewinne ich den Eindruck aus den Interviews, die sie gibt. Auf Wienerisch würde man sagen, 'a bissl a Schlampen'."

Mit Prolls #NotMe-Aussagen kann Blimlinger freilich weniger anfangen: "Es gibt Frauen, die diese Sexualität nützen, um zu Rollen zu kommen, keine Frage, aber wenn Nina Proll sagt, in ihrer Laufbahn und in ihrem Umfeld habe es niemals sexuelle Belästigung gegeben, dann wirkt das im Zusammenhang mit der Schauspielerei wenig glaubhaft."

Akademie-Rektorin und ORF-Publikumsrätin sieht Nina Proll als Nico ideal besetzt.
Foto: Regine Hendrich

Sie verweist auf Machtkonstellationen, die das Neinsagen erschweren würden: "Das ist eine belastende Situation, in der die Frauen und auch Männer, wenn es sie trifft, nicht mehr die Entscheidungsfreiheit haben, Ja oder Nein zu sagen."

Was es gebracht hat? "Diskussionen bringen grundsätzlich etwas, weil sich Leute Gedanken machen. Es geht um Bewusstseinslagen, und mir wäre recht, wenn solche Diskussionen nicht nur immer wieder aufpoppen, sondern sich eine längerfristige Entwicklung ergeben würde."

"Dass man den ORF und die Gremien grundlegend ändert"

Blimlinger, seit 1. Jänner Präsidentin der Universitätenkonferenz, befasst sich auch professionell mit dem ORF. Bis März ist sie von den Grünen nominiertes Mitglied im Publikumsrat, danach konstituiert sich das Gremium nach dem Wahlergebnis neu. Der Abschied schmerzt: "Ich hätte gerne weitergemacht, durchaus im Sinne, dass man den ORF und die Gremien grundlegend ändert. In der jetzigen Form ist der Publikumsrat für das Publikum kein wirklich unterstützendes Format."

Nina Proll (li.) und Gerti Drassl.
Foto: ORF/MR Film/Hubert Mican

Im Fernsehen sekkiert gerade Gertrud Roll als Mutter Schneider ihren Sohn Schorsch (Jürgen Maurer). "Schon großartig", sagt Blimlinger. "Sie verkörpert einen Typus, der Energie hat, die anderen ein bissl blöd ausschauen lässt und damit kein gängiges Frauen-Altersbild transportiert."

"Guten Morgen Österreich" und "Daheim in Österreich": "Vollkommen lächerlicher Versuch"

Blimlinger galt als streitbare Rätin, besonders die ORF-Frühprogramme Guten Morgen Österreich und Daheim in Österreich haben es ihr angetan. Sie sieht darin einen "vollkommen lächerlichen Versuch, auch vorbei am Bedürfnis des Publikums. Das ist kein öffentlich-rechtlicher Inhalt."

Den Ausstrahlungsmodus der Vorstadtweiber – montags eine Folge, 20.15 Uhr – findet Blimlinger schwer überholt: "Das ist Derrick, 70er-Jahre. Läuft der Seriengewohnheit des Publikums entgegen." Dass der ORF Serien spätnachts spiele, die noch dazu in allen anderen Programmen schon gelaufen sind, hält sie für "völlig falsch".

Zuletzt "The Crown"

Sie selbst bekennt sich zum "Binge-Watching" – schaut gern alle Folgen einer Serie am Stück, zuletzt etwa die zweite Staffel von The Crown auf Netflix. Ihr Vorschlag für die Vorstadtweiber: "Einen Monat lang montags drei Folgen hintereinander."

Doch erst wird es für die Testschauerin härter. Die Ereignisse spitzen sich zu, Vanessa (Dalik) beim Autoputzen in der Werkstätte wirkt auf Blimlinger "wie aus einem depperten Playboy-Pin-up-Kalender". Die entscheidende Wende am Ende hält sie für "schon sehr wahnsinnig". Und dann ist es auch wieder vorbei.

Plus und Minus vergibt Eva Blimlinger nach Ansicht der "Vorstadtweiber"-Folge 3/1.
Foto: Regine Hendrich

Insofern resümiert sie nicht uneingeschränkt positiv: "Mir geht die Geschichte ab", sagt Blimlinger. "Das ist offensichtlich ein in österreichischen Serien eintretender Effekt, dass die seltsamen Gags überhandnehmen – der Kottan'sche Kaffeeautomat als Leitmotiv." Pluspunkte: "Immer noch sehr flott gedreht. Es wird nicht fad, schauspielerisch gut wie immer."

Irgendwie wirke alles wie in der ersten Schulwoche: "Es gibt noch keinen Stundenplan, aber irgendwie ist man noch wohlwollend, ausgeruht von den Sommerferien, schauen wir, wie es weitergeht." Fazit: "Ich schau's mir sicher weiter an." (Doris Priesching, 7.1.2018)