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Topjobs für Spitzenjuristen sind ausgeschrieben.

Foto: Reuters/Bader

Wien – Die vakanten Stellen im Verfassungsgerichtshof (VfGH) sind am Freitag in der "Wiener Zeitung" ausgeschrieben worden. Bis 2. Februar können sich entsprechend qualifizierte Juristen um die Posten des Präsidenten beziehungsweise zweier Mitglieder bewerben. Für den Fall, dass Vizepräsidentin Brigitte Bierlein oder ein Verfassungsrichter zum Präsidenten ernannt wird, hat die Regierung auch diese Posten ausgeschrieben.

Präsident Gerhart Holzinger sowie die beiden Mitglieder Eleonore Berchtold-Ostermann und Rudolf Müller sind mit Erreichen der Altersgrenze von 70 Jahren in Pension gegangen.

Bierlein Interimspräsidentin

Jetzt leitet Vizepräsidentin Bierlein den Gerichtshof interimistisch, die beiden Mitglieder werden in der nächsten Session (von 22. Februar bis 17. März) durch Ersatzmitglieder vertreten. Die Nachbesetzung hat sich wegen der vorgezogenen Wahl verzögert. Die rot-schwarze Regierung hat sie den Nachfolgern überlassen – und die schwarz-blaue Koalition hat sich offensichtlich nicht rechtzeitig für eine nahtlose Übergabe entschieden, wie die Posten verteilt und besetzt werden.

Die Bewerbungen sind an das Kanzleramt (Präsident und allenfalls Vizepräsident, eventuell auch ein Mitglied), den Nationalrat (Müllers Nachfolge) und den Bundesrat (Berchtold-Ostermanns Nachfolge) zu richten, die dann jeweils dem Bundespräsidenten ihre Kandidaten zur Ernennung vorschlagen.

Hearings geplant

Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Bundesratspräsident Edgar Mayer (ÖVP) weisen in ihren Ausschreibungen auf die geplanten Hearings hin.

Mit dem Vorschlagsrecht von Regierung, Nationalrat und Bundesrat kommt die Parteipolitik ins Spiel – denn die Koalitionsparteien entscheiden nicht nur in der Regierung, sie haben auch die nötigen Mehrheiten im Parlament. Präsident Holzinger war parteiunabhängig und wurde – als Wunschkandidat der SPÖ – konsensual von der großen Koalition vorschlagen. Müller kam auf einem SPÖ-Ticket in den VfGH, Berchtold-Ostermann auf einem ÖVP-Ticket.

Nominierung durch die FPÖ

Die FPÖ wird jetzt zumindest einen der beiden Verfassungsrichter – wenn nicht beide – nominieren können. Als Favorit für die Nachfolge Holzingers gilt ein Verfassungsrichter auf einem ÖVP-Ticket, Christoph Grabenwarter. Denkbar ist auch die Variante, dass Bierlein für die zwei Jahre bis zur Altersgrenze zur Präsidentin ernannt wird. Für beide Fälle ist in der von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) unterschriebenen Ausschreibung bereits Vorsorge getroffen. Als mögliche Verfassungsrichter auf blauem Ticket genannt werden der Linzer Verwaltungsrechtsexperte Andreas Hauer sowie zwei Rechtsanwälte, Rüdiger Schender und Michael Rohregger.

Die für die Berufung an den VfGH nötigen Qualifikationen stehen im Bundesverfassungsgesetz. Der Präsident beziehungsweise Vizepräsident und sechs weitere Mitglieder) "sind aus dem Kreis der Richter, Verwaltungsbeamten und Professoren eines rechtswissenschaftlichen Faches an einer Universität zu entnehmen". Alle Mitglieder und Ersatzmitglieder "müssen das Studium der Rechtswissenschaften oder die rechts- und staatswissenschaftlichen Studien abgeschlossen haben und über eine zehnjährige juristische Berufserfahrung verfügen". Regierungsmitglieder, Parteifunktionäre und -angestellte sowie Mandatare (Nationalrat, Bundesrat, Gemeinderat, EU-Parlament) dürfen dem VfGH nicht angehören, Letztere nicht bis zum Ende der Periode, für die sie gewählt wurden. Präsident oder Vizepräsident dürfen diese politischen Tätigkeiten die letzten fünf Jahre nicht ausgeübt haben. (APA, 5.1.2017)