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Trinh Xuan Thanh wurde voriges Jahr aus dem Berliner Tiergarten entführt und tauchte gut eine Woche später in Hanoi wieder auf.

Foto: Reuters/Handout

Hanoi/Berlin – Die internationale Presse darf nicht in den Gerichtssaal im Volksgericht in Hanoi, in dem am Montag der Prozess gegen den aus Deutschland entführten Trinh Xuan Thanh und weitere Männer beginnt. Thanhs deutsche Anwältin wurde am Freitag an der Einreise nach Vietnam gehindert. Trinh Xuan Thanh ist jener ehemalige vietnamesische Politiker und Firmenchef, der voriges Jahr aus dem Berliner Tiergarten entführt wurde und gut eine Woche später in Hanoi wieder auftauchte.

Die deutsche Bundesanwaltschaft geht davon aus, dass der vietnamesische Geheimdienst und die vietnamesische Botschaft hinter der Entführung stehen. Vietnam bestreitet das und behauptet, Thanh sei freiwillig nach Hanoi zurückgekehrt und hätte sich dort den Ermittlern gestellt.

Hanoi drosselt Internet

Hanoi kündigte an, dass die Internetleitungen aus dem südostasiatischen Land in die Welt und zurück ab Sonntag drei Tage lang nur zeitverzögert arbeiten würden. Wovor hat Hanoi Angst, dass es die Schotten bei der Verhandlung so dichtmacht? Ein vietnamesischer Sozialwissenschafter, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, glaubt, die Antwort zu kennen: "Sie haben Angst, dass Thanh im Gerichtssaal sagt, er sei aus Deutschland entführt worden."

Der Wissenschafter mit ausgezeichneten Kontakten zu Ermittlerkreisen kennt die Anklageschrift. "Alle Angeklagten in dem Sammelprozess haben vorab ein Schuldeingeständnis unterschrieben und um eine milde Strafe gebeten. Alle außer Trinh Xuan Thanh." Das deute darauf hin, dass Thanh von der Entführung sprechen will. Thanh hält den Prozess zudem für politisch konstruiert und sieht sich als Opfer eines politischen Machtkampfs. Der Sozialwissenschafter geht davon aus, dass gegen Thanh die Todesstrafe verhängt wird.

Ihm wird Misswirtschaft als Vorstandschef eines staatseigenen Unternehmens zur Last gelegt. Er soll für Verluste in dreistelliger Millionenhöhe verantwortlich sein, wurde von diesem Vorwurf jedoch freigesprochen. Zudem geht es um Korruption bei seinen ehemaligen Mitarbeitern und die Behauptung, er hätte Schwarzgeld in Höhe von 400.000 Euro angenommen, aber anschließend wieder zurückgegeben.

Thanh weist den Vorwurf zurück – seine Mutter sagte aber am Sonntag, sie habe dem Staat die Hälfte des Betrages, den Thanh unterschlagen haben soll, bezahlt. (Marina Mai, 8.1.2018)