Die Positionen der Verhandlungsparteien liegen weit auseinander.

Foto: APA/dpa/Guido Kirchner

"Wir verdienen mehr!" – "Es reicht!" Und: "Fortschritt statt Einschnitt!" Diese Slogans sind in diesen Tagen in Deutschland zu sehen, wenn Metaller auf die Straße gehen. Und sie tun dies nicht zu knapp. Zehntausende von ihnen beteiligten sich an Warnstreiks im ganzen Land.

Im bevölkerungsreichsten Bundesland, in Nordrhein-Westfalen, waren am Dienstag mehr als 140 Unternehmen betroffen. Auch für den Mittwoch sind Kundgebungen geplant. "Jetzt wird es ernst. Wir werden jetzt von Tag zu Tag die Warnstreikbeteiligung steigern. Die Beschäftigten in anderen Betrieben scharren schon mit den Hufen", sagte der bayerische IG-Metall-Chef Jürgen Wechsler und kündigte den vielleicht härtesten Tarifkampf der vergangenen zwanzig Jahre an.

Verhandlungen am Donnerstag

Am Donnerstag wollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Böblingen bei Stuttgart wieder verhandeln. Es ist bereits die dritte Runde, doch man ist sich im Tarifstreit für die rund 3,9 Millionen Beschäftigten der Metall- und Elektroindustrie noch nicht näher gekommen.

Die Metaller fordern rückwirkend zum 1. Jänner 2018 ein ordentliches Lohnplus, nämlich sechs Prozent. Sie sehen ein ungebrochenes Wachstum der Branche und keine Signale für Konjunktureinbrüche. "Es gibt keinen Grund zur Zurückhaltung", sagt IG-Metall-Chef Jörg Hofmann, der die IG Metall (Industriegewerkschaft Metall) seit Oktober 2015 führt. Sie ist mit 2,27 Millionen Mitgliedern die größte Einzelgewerkschaft in Deutschland und die weltweit größte organisierte Arbeitnehmervertretung.

Nicht 35 Stunden Arbeit

Doch Geld ist nicht das einzige Thema, das für Streit sorgt. Die Metaller fordern das Recht auf die 28-Stunden-Woche. Jeder Beschäftigte soll seine Wochenarbeitszeit für einen Zeitraum von bis zu zwei Jahren von 35 auf 28 Stunden reduzieren können. Für einige Gruppen (Schichtarbeiter, Eltern junger Kinder oder Beschäftigte, die Angehörige pflegen) soll es einen Lohnausgleich geben.

Die Arbeitgeber allerdings haben andere Vorstellungen. Sie bieten an, für die ersten drei Monate des Jahres 2018 einmalig 200 Euro zu zahlen. Ab April sollen die Löhne und Gehälter dann ein Jahr lang um zwei Prozent steigen.

Zwei Milliarden Euro pro Lohnprozentpunkt

Dass es für die Branche nicht schlecht läuft, räumt auch Gesamtmetall-Präsident Rainer Dulger ein. Doch er mahnt: "Wir dürfen in guten Jahren nur so viel draufsatteln, dass wir das auch in schlechten Jahren tragen können." Jeder zusätzliche Lohnprozentpunkt würde Arbeitgeber zwei Milliarden Euro im Jahr mehr kosten.

Nicht einverstanden ist der Verband Gesamtmetall auch mit der Forderung der Arbeitnehmer nach Arbeitszeitverkürzung samt Lohnausgleich. "Es ist so, dass der Lohnausgleich quasi eine Stilllegungsprämie für Fachkräfte ist, und das können wir nicht akzeptieren", sagt Hauptgeschäftsführer Oliver Zander. Es würden dadurch vier bis fünf Prozent des Arbeitsvolumens fehlen. "Wir wissen gar nicht, wo wir das hernehmen sollen", so Zander.

Angst vor 28-Stunden-Woche

Die Arbeitgeber befürchten auch, dass mit dem Wunsch nach flexibler Arbeitszeit generell die 28-Stunden-Woche in der Metallbranche eingeführt werden soll. Das jedoch verneint die Arbeitnehmerseite. Es gehe um individuelle Möglichkeiten der Arbeits- und Lebensplanung.

Da beide Seiten so weit auseinanderliegen, rechnet man nicht mit einer Einigung am Donnerstag. Die Arbeitnehmer denken schon an die Zeit danach. Ab Ende Jänner könnte es zu unbefristeten Flächenstreiks kommen. (Birgit Baumann, 9.1.2018)