Wallner: Bundesministerin trägt nicht zur Klärung bei

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Landesrätin Wiesflecker rechnet mit Mehrbelastung

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Bregenz – Erste sozialpolitische Beschlüsse der Bundesregierung finden in der Vorarlberger Landesregierung wenig Anklang. Soziallandesrätin Katharina Wiesflecker (Grüne) befürchtet durch die Abschaffung der Notstandshilfe "Abwälzung der Kosten auf Länder und Gemeinden". Denn: "Der Ausgleich wird über die Mindestsicherung erfolgen."

Bereits jetzt wird bei rund einem Viertel der Bezieher und Bezieherinnen von Mindestsicherung das zu geringe Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe durch Mindestsicherung aufgestockt. Diese Zahl werde zunehmen. Wiesflecker: "Das wird die Budgets der Länder und Kommunen belasten, das Bundesbudget entlasten. Darum geht es."

Vorarlberg will keine Mehrbelastung

Landeshauptmann Markus Wallner (VP) weiß noch nichts Genaues. Die Sozialministerin habe mit ihren Äußerungen in Interviews nicht zur Klärung beigetragen, übt er leise Kritik. Sollte es "durch die Abschaffung der Notstandshilfe zu einer einseitigen Verschiebung in die Mindestsicherung kommen, werden wir uns zu Wort melden". Eine einseitige Belastung der Länder würde nicht akzeptiert, stellt Wallner klar.

Den Ersatz der Notstandshilfe durch Mindestsicherung hält er für eine "zu einfache Lösung". Es müsse darum gehen, Menschen aus der Notstandshilfe zu einem Arbeitsverhältnis zu verhelfen, nicht in die Mindestsicherung zu schicken.

Konkrete Auswirkungen der Senkung des Arbeitslosenbeitrags seien für 2018 nicht zu erwarten, sagte AMS-Landesgeschäftsführer Bernhard Bereuter am Dienstag im Rahmen des Pressefoyers der Landesregierung. Das Budget sei mit 46,7 Millionen Euro zugesagt, "es ist auch wichtig, dass das hält".

Soziallandesrätin Wiesflecker befürchtet, dass die Senkung des Beitrags mit einer Reduktion des Arbeitslosengeldes bei Eintritt in die Arbeitslose einhergehen wird. Informationen zu den künftigen Veränderungen habe man von der Regierung noch nicht erhalten, sagt Bereuter.

Vorarlberg sucht Arbeitskräfte

Das Land Vorarlberg investiert 2018 gemeinsam mit dem AMS 23,4 Millionen Euro in arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, das AMS 30 Millionen, das Land noch zusätzlich 2,3 Millionen. Ziel ist die Qualifizierung. Landesstatthalter Karlheinz Rüdisser (VP), für das Wirtschaftsressort verantwortlich, sieht die schlechte Qualifikation der Arbeitsuchenden als ihr größtes Handicap. Fast die Hälfte der 10.267 vorgemerkten Arbeitsuchenden habe nur Pflichtschulausbildung. Rund 3000 der Arbeitslosen sind über 50 Jahre alt.

Vorarlbergs Wirtschaft boomt. Rüdisser: "Man könnte fast von einer überhitzten Konjunktur sprechen." Mit 166.000 unselbstständig Beschäftigten habe man bisherigen Höchststand erreicht.

Die Wirtschaft suche dringend nach gut qualifizierten Arbeitskräften, das AMS hält 2700 offene Stellen bereit. Das Jobangebot sei aber noch größer, "viele melden ja freie Stellen gar nicht mehr, weil es nichts bringt", sagt Rüdisser. Das Land starte nun Werbeaktionen, um junge Menschen nach Studium und Ausbildung wieder nach Vorarlberg zurückzuholen.

Ziel Vollbeschäftigung ist nahe

Weiterbildung und Ausbildung junger Menschen ist für Wallner der Schwerpunkt der Arbeitsmarktpolitik. Besonderes Augenmerk lege er auf die Qualifizierung Geflüchteter. "Hier heißt es einen Zahn zulegen. Es gilt: Raus aus der Mindestsicherung, hinein in den Arbeitsmarkt – aber mit ordentlichen und guten Angeboten."

Das Aussetzen der Aktion 20.000 für ältere Arbeitnehmer sieht man mit Bedauern. 130 Menschen sind im Programm oder für das Programm gemeldet. Ihren Job werden sie am 30.6.2019 verlieren, sollte die Aktion gänzlich eingestellt werden. "Dann wird man sich etwas überlegen müssen", meint Wallner, dessen Ziel die Vollbeschäftigung ist. Wallner: "Wir waren noch nie so nahe dran." Mit einer Arbeitslosenquote von 5,8 Prozent liegt Vorarlberg auf Platz drei hinter Salzburg und Tirol. (Jutta Berger, 9.1.2018)