Höhere Durchschnittstemperaturen lassen bedeutend mehr weibliche Grüne Meeresschildkröten schlüpfen als männliche.

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Sydney – Im Norden des australischen Great Barrier Reefs kommen seit mehr als zwei Jahrzehnten bedeutend mehr weibliche als männliche Grüne Meeresschildkröten (Chelonia mydas) zur Welt. Zuletzt dürfte sich diese Tendenz dramatisch verstärkt haben: Aus etwa 99 Prozent der Schildkröteneier schlüpften dort Weibchen, berichten Forscher in der Fachzeitschrift "Current Biology". Schuld daran könnten die langsam steigenden Temperaturen sein.

Die "völlige Feminisierung" des Bestands in diesem Teil des größten Korallenriffs der Welt sei demnach "in naher Zukunft möglich". Das Geschlecht von Meeresschildkröten wird durch die Bruttemperatur der Eier bestimmt, die in Nestern an Stränden vergraben werden, erklärten die australischen und US-amerikanischen Forscher. Der Anteil der Weibchen steige damit mit höheren Temperaturen. Dabei könnten sich schon Schwankungen von wenigen Grad bemerkbar machen.

Fast 100 Prozent Weibchen

Von den Schildkröten, die den kühleren Niststränden im Süden entstammen, sind der Studie zufolge rund 65 bis 69 Prozent weiblich. Im wärmeren nördlichen Teil des Great Barrier Reefs lag der Anteil unter den rund 200.000 grünen Meeresschildkröten je nach Altersstufe bei 87 bis 99,8 Prozent.

"Da die durchschnittliche globale Temperatur bis zum Jahr 2100 voraussichtlich um 2,6 Grad Celsius ansteigen wird, sind viele Meeresschildkröten-Populationen durch hohe Eiersterblichkeit und ausschließlich weibliche Nachkommenschaft bedroht", schrieben die Wissenschafter um Michael Jensen von der Nationalen Ozean- und Atmosphärenbehörde der USA.

Mögliche Gegenmaßnahmen

"Diese Auswirkungen zeigen, dass das Great Barrier Reef wirklich an vorderster Front des Klimawandels steht. Australien muss sich ehrgeizige Klimaschutzziele setzen, um das Riff und seine einzigartigen Lebewesen zu retten", erklärte der Chef der Umweltschutzorganisation WWF Australien, Dermot O'Gorman. Es gebe praktische Gegenmaßnahmen, einschließlich der Errichtung von Schattenzelten über den wichtigsten Niststränden der Schildkröten, um die Temperaturen zu senken und mehr Männchen zu produzieren. (APA, red, 17.1.2018)