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Ein Foto von Prinz George, Details über dessen Schule und mögliche Anschlagsziele in Großbritannien wurden im Vorjahr über Telegram verschickt. Zudem laufen Krypto-Abzockereien über den Messenger-Dienst.

Foto: AP/Richard Pohle

Wien – Nachrichten zu verschicken ist nach wie vor eine der zentralen Funktionen eines Messenger-Dienstes. Betreiber erweitern allerdings seit geraumer Zeit ihr Angebot, um das Leben der Nutzer zu erleichtern, zumindest vorgegebenermaßen.

Einem Bericht des US-Mediums Techcrunch zufolge plant das russische Messaging-Unternehmen Telegram nun, eine eigene Kryptowährung auf den Markt zu bringen. Auf Basis der hinter Bitcoin stehenden Blockchain-Technologie soll eine Bezahlfunktion in die App implementiert werden. Das Vorhaben soll unter dem Namen Telegram Open Network (TON) laufen und als "Blockchain-Plattform der dritten Generation" ausgestaltet sein. Telegram-Mitgründer Pawel Durow möchte eine Währung namens Gram erschaffen, die jener des chinesischen Anbieters Wechat Pay ähnelt, aber mit Anonymisierung und Verschlüsselung arbeitet.

Milliardenschweres Coin Offering

Mit diesem Vorhaben könnte ein gewaltiges Initial Coin Offering (ICO) einhergehen. Ein ICO ist vergleichbar mit einem Börsengang, allerdings erhalten Investoren dabei keine Unternehmensanteile, sondern Anteile an einer neu geschaffenen Kryptowährung. Telegram will eine Finanzierungsrunde in Höhe von 500 Millionen Dollar im Laufe des ersten Halbjahres 2018 starten. Der Gesamtwert aller ausgegebenen Coins soll laut Techcrunch drei bis fünf Milliarden Dollar betragen. Eine offizielle Bestätigung gab es von Telegram, das nach eigenen Angaben 180 Millionen Nutzer zählt, nicht.

ICOs sind derzeit eine beliebte Form der Finanzierung von Start-ups. Laut dem Portal Coinmarketcap.com wurden im Vorjahr mehr als drei Milliarden Dollar durch ICOs eingenommen – bei mehr als 1200 Kryptowährungen im Umlauf. Zudem steigen mit den immer neuen Kryptowährungen die Gefahren eines Betrugs. Davon hat es mit Bitcoin schon einige gegeben – etwa die Abzocke Vtec, die über Telegram gelaufen ist.

Die Masche dahinter ist immer gleich: Kryptohändler fädeln über Telegram ihre Marktmanipulation ein, treiben den Preis einer Währung über einen kurzen Zeitraum nach oben und motivieren andere zum Kaufen. Sind genug unwissende Investoren an Bord, verkaufen die Abzocker ihre Währung schnell wieder, nehmen den Gewinn mit, verschwinden und lassen die um ihre Kryptogelder betrogenen Anleger zurück.

"Gigantischer Betrug"

Eine Strategie, die einst auch Börsenlegende Jordan Belfort mit Wertpapieren verfolgt hat. Auf seiner Geschichte beruht der Film Wolf of Wall Street. Belfort verbrachte 22 Monate wegen Betrugs und Geldwäsche hinter Gittern und bezeichnet heute ICOs als "gigantischen Betrug, der vielen Investoren noch um die Ohren fliegen wird", zitiert Businessinsider die einstige Legende. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) bezeichnete ICOs zuletzt als "extrem riskante und hochspekulative Investments". Investoren riskierten damit den kompletten Verlust ihres Investments. Auch Thomas Lohninger, Chef der österreichischen Bürgerinitiative für Datenschutz und Netzpolitik Epicenter.works, sieht ICOs kritisch: "Es schwingt immer ein bisschen was von Pyramidenspiel mit."

Durch die Betrügereien rückt auch Telegram in ein schlechtes Licht, dabei gilt der Dienst als besonders sicher. Sicher sei er aber nur auf den ersten Blick. "Bei genauerer Betrachtung ist davon abzuraten, Telegram zu nutzen", sagt Lohninger. Nachrichten in einem Chat ließen sich zwar verschlüsseln, bei Gruppenchats sei das aber nicht möglich. Die Qualitätsstandards der Verschlüsselung erfüllten nicht die besten Standards. Außerdem könne man sich mittels SMS-Verifizierung "in einen Account hängen und mitlesen, ohne dass der Inhaber etwas davon mitbekommt", erklärt der Datenschutzexperte.

Whatsapp verschlüsselt besser

Im Vergleich dazu verschlüssle Whatsapp die Chat-Inhalte besser, allerdings nicht die Metadaten. Sprich, Facebook – der Eigentümer von Whatsapp – weiß immer, wer wann wie oft und mit wem kommuniziert. Auch daraus lassen sich Infos ableiten.

Wie skurril Meldungen über Telegram auch aussehen können, zeigt folgendes Beispiel: Der 31-jährige britische Staatsbürger Husnain R. wurde Ende 2016 festgenommen, weil er ein Foto des vierjährigen Prinz George und Details über dessen Schule mittels der App verbreitet haben soll. Dem Mann wird Terrorunterstützung vorgeworfen. Er soll auch Nachrichten verschickt haben, die Terroristen helfen könnten, Anschlagsziele in England auszumachen, berichtete die Nachrichtenagentur AP. (Andreas Danzer, Bettina Pfluger, 10.1.2018)