Herr Sugawara am Start der Dakar in Perus Hauptstadt Lima.

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San Juan de Marcona – Aus dem Cockpit seines silbernen PS-Monsters steigt Yoshimasa Sugawara etwas behäbiger als früher, doch nach wie vor sitzt jeder Schritt. Den rechten Fuß setzt der Japaner sicher auf die Abdeckung des hüfthohen Vorderreifens, dann steigt er eine dreistufige Metallleiter in Richtung Boden hinab. "Ich habe ein Fitnessprogramm, an das ich mich halte", sagt Sugawara.

Es wirkt, ganz offensichtlich. In einem Alter, in dem andere einen ruhigen Lebensabend schätzen und genießen, raste der 76-Jährige bei der Rallye Dakar in einem tonnenschweren Renntruck durch das Gelände. Allerdings birgt dieses große Abenteuer auch für Piloten im fortgeschrittenen Alter seine Tücken – der Japaner musste das Rennen am Dienstag nach einem Fahrfehler aufgeben. Sein Truck steckte in einer Sanddüne fest und wurde geborgen.

Sugawara hat viel erlebt bei der Dakar, in diesem Jahr startet er zum 35. Mal. 1983 steuerte er bei seiner Premiere ein Motorrad. Er habe nicht einmal die Regeln verstanden, erzählte er einmal: "Beim Prolog trug ich sogar ein Ersatzrad auf dem Rücken". Zwei Jahre später stieg er auf ein Auto um, seit 1992 fährt er Trucks.

"Die Dakar ist sein Leben", sagt sein Sohn Teruhito. Der 45-Jährige macht ebenfalls seit Jahren bei der Dakar mit, er lenkt den gleichen Hino-Lkw wie der Senior. Gemeinsam bilden sie das wohl älteste aktive Vater-Sohn-Gespann des Motorsports. "Ich habe alles von ihm gelernt", sagt Teruhito Sugawara, der die kleinere T4.2-Klasse dominiert.

Die Welt gesehen

Yoshimasa Sugawara hat die Welt gesehen. Genug von den Strapazen hat er trotzdem nicht. "Die Landschaften", sagt Sugawara, während er den Blick andächtig über die sandigen Ebenen Südperus schweifen lässt, "sind sehr abwechslungsreich. Auch die Kulturen unterscheiden sich nach jeder Grenzüberquerung. Peru, Bolivien und Argentinien – es gibt viel zu sehen. Das reizt mich."

In Sugawaras Leben dreht sich vieles um die Rallye Dakar, die gesamte Jahresplanung ist auf das Rennen ausgerichtet. Um körperlich fit zu bleiben, startete er zuletzt sogar bei anderen Rallye-Veranstaltungen mit dem Motorrad. Gern genehmigt er sich am Abend auch ein Bier, bei der Dakar schwört er dieser Angewohnheit aber ab.

Die Rallye Dakar ist eine Konstante im Leben Sugawaras. Doch auch sie hat sich im Laufe der Zeit verändert. Der Abenteuercharakter sei etwas verlorengegangen, sagt er, "mittlerweile ist sie stärker auf den Wettkampf ausgerichtet." Drei Koi-Fahnen hängen über dem Lager seines Hino-Teams. Sie sollen dem Team Glück bringen.

In diesem Jahr blieb es aus – seiner Begeisterung für die Dakar tat der Rückschlag dennoch keinen Abbruch.

Walkner nun Vierter, Titelverteidiger out

Matthias Walkner stieß am Dienstag in der Motorrad-Wertung auf den vierten Gesamtrang vor. Der Salzburger klassierte sich auf seiner KTM als Dritter des vierten Teilstücks rund um San Juan de Marcona in Peru. Der Tagessieg ging an den Franzosen Adrien van Beveren (Yamaha), der nun neuer Führender im Klassement ist. Titelverteidiger Sam Sunderland musste nach einem Sturz ebenso aufgeben, wie Nani Roma (ESP), früherer Auto- und Motorrad-Gesamtsieger. Außerdem kam für Cyril Despres (FRA), den fünffachen Motorrad-Gewinner, das Aus.

Walkner: "Chaotentag"

"Ich hoffe, ich muss nicht mehr so ans Limit gehen. Es war echt ein Chaotentag. Einer, den man eigentlich vermeiden will", gab Walkner nach der Etappe zu Protokoll. Sieben Minuten fehlten ihm am Ende auf den stark fahrenden Van Beveren. Dieser erreichte zeitgleich mit seinem zweitplatzierten, aber fünf Minuten vor ihm gestarteten Markenkollegen Xavier de Soultrait das Ziel. Die Navigation machte es den Spitzenfahrern alles andere als leicht.

In den Wüsten von Peru offenbarte sich, warum Walkner die Etappe als schwierig eingeschätzt hatte. "Keiner wollte vorne weg fahren", beschrieb der 31-Jährige die Lage nach dem Start. Er selbst habe sich in den weichen Dünen fast eingegraben. "Es war echt am Limit, ein richtiger Kampf." Während Van Beveren und De Soultrait mehr unbewusst den richtigen Kurs einschlugen, kämpften die Verfolger mit der Orientierung.

"Ich bin dann richtig gutes Tempo gefahren aus Ärger", berichtete Walkner, der in der Gesamtwertung nun 5:23 Minuten hinter Van Beveren liegt. Am Mittwoch steht die Etappe von San Juan nach Arequipa auf dem Programm.

Der Titelverteidiger wird diese nicht mehr bestreiten. Sunderland kam zu Sturz, der britische KTM-Pilot musste sich mit einer Rückenblessur per Helikopter ins Biwak bringen lassen. KTM-Teammanager Alex Doringer erklärte, dass Sunderland zu genaueren Untersuchungen nach Lima geflogen wurde. Der Brite sei nach seinem Sturz noch einige Kilometer gefahren, habe aber danach zu große Schmerzen und kein Gefühl in den Beinen mehr gehabt. "Das Gefühl ist wieder zurück, aber er wird sich nun zusätzlichen Tests unterziehen", sagte Doringer.

Erster Tagessieg für Loeb

Bei den Autos holte sich Sebastien Loeb (FRA) im Peugeot vor seinem Markenkollegen Carlos Sainz (ESP) den Tagessieg. Stephane Peterhansel (FRA) blieb nach Rang drei im Gesamtklassement in Führung. 6:55 Minuten beträgt nun der Vorsprung des Mehrfachsiegers auf Loeb.

Nasser Al-Attiyah aus Katar hatte Pech. Nachdem der 47-Jährige mit seinem Toyota die erste und die dritte Etappe gewonnen hatte, blieb er auf der 444 Kilometer langen vierten Teilstück, von dem 330 Kilometer gewertet wurden, dreimal im Sand stecken und verlor dabei mehr als eine Stunde. Beendet ist das Abenteuer für Fußball-Coach Andre Villas-Boas (POR), der bei der Dakar sein Debüt gab. (sid, APA, red – 9.1.2018)

Ergebnisse – 4. Etappe, San Juan de Marcona/Peru – San Juan de Marcona, 330 km Sonderprüfung:

  • Motorräder: 1. Adrien van Beveren (FRA) Yamaha 4:08:23 Std. – 2. Xavier de Soultrait (FRA) Yamaha +5:01 Min. – 3. Matthias Walkner (AUT) KTM 7:10 – 4. Pablo Quintanilla (CHI) Husqvarna 7:32 – 5. Stefan Svitko (CZE) KTM 7:45

Gesamtwertung (nach 4 von 14 Etappen): 1. Van Beveren 11:03:23 – 2. Quintanilla 1:55 – 3. Kevin Benavides (ARG) Honda 3:15 – 4. Walkner 5:23 – 5. De Soultrait 7:34

  • Autos: 1. Sebastien Loeb/Daniel Elena (FRA/MON) Peugeot 3:57:53 – 2. Carlos Sainz/Lucas Cruz (ESP) Peugeot 1:35 – 3. Stephane Peterhansel/Jean Paul Cottret (FRA) Peugeot 3:16 – 4. Mikko Hirvonen/Andreas Schulz (FIN/GER) Mini 34:36 – 5. Eugenio Amos/Sebastien Delauney (ITA/FRA) Buggy 2WD 35:46

Gesamtwertung (4 von 14): 1. Peterhansel 10:36:07 – 2. Loeb 6:55 – 3. Sainz 13:06 – 4. Nasser Al-Attiyah/Matthieu Baumel (QAT/FRA) Toyota 58:48 – 5. Bernhard ten Brinke/Michel Perin (NED/FRA) Toyota 1:10:24