Bereits zur Angelobung wurde gegen die neue ÖVP-FPÖ-Regierung demonstriert.

Foto: der Plankenauer/CL

Wien – Linke Regierungsgegner rufen für Samstag zu einer Großdemonstration gegen Türkis-Blau auf. Ab 14 Uhr wird auf dem Christian-Broda-Platz vor dem Westbahnhof zu einem "Neujahrsempfang" geladen. Die Polizei erwartet einen lautstarken, aber friedlichen Protest mit mehreren tausend Teilnehmern.

Die Veranstalter sprachen zuletzt von bis zu 10.000 Teilnehmern, die über die Mariahilfer Straße und die Babenberger Straße zum Ring und weiter zum äußeren Burgtor und dann auf den Heldenplatz marschieren werden. Mobilisiert wird auch für einen zweiten Sammelpunkt im Regierungsviertel am Ballhausplatz. Organisiert wird die Demonstration von der Plattform für eine menschliche Asylpolitik, der Offensive gegen Rechts und der Plattform Radikale Linke. Gemeinsam wirft man der neuen ÖVP-FPÖ-Regierung rassistische, rechtsextreme und neofaschistische Tendenzen vor.

"Erben des Nationalsozialismus"

"Der Rassismus der Regierung erinnert an die Nazizeit. Damals hieß es: Ausgangssperre für Juden. Jetzt für AsylwerberInnen. Die FPÖ-Minister Strache, Kickl und Kunasek wollen Flüchtlinge in großen Lagern konzentrieren. Die 'Erben des Nationalsozialismus' toben ihre sadistischen Fantasien aus", erklärte Michael Genner von der Plattform für eine menschliche Asylpolitik am Mittwoch in einer Aussendung.

Sicherheitsexperten bereitet vor allem der Umstand Sorge, dass auch unter linksextremen autonomen Gruppen in Deutschland für die Demonstration in Wien mobilisiert wird. Die Plattform Radikale Linke wirbt via Facebook unter dem Motto "Unregierbar werden!" für einen starken antiautoritären, antikapitalistische Block auf der Demonstration. Sollten sich gewaltbereite Radikale unter die Demonstranten mischen, könnte es neben den erwartbaren Verkehrsbehinderungen auch zu Ausschreitungen und Sachbeschädigungen kommen.

Keine Gewaltaufrufe

Gewaltaufrufe im Internet hat die Polizei bisher nicht entdeckt, sagte die Leiterin der Pressestelle der Wiener Exekutive, Daniela Tunst. Die Polizei wird mehr als 1.000 Beamte für die Demo abstellen, es könnten bis zu 1.300 werden.

Gewaltbereite Autonome könnten bei ihren Aktivitäten aber ohnehin eher den 26. Jänner im Auge haben, wenn die Burschenschaftervereinigungen ihren alljährlichen Ball in der Wiener Hofburg veranstalten.

Mit dem Eintritt der FPÖ in die Regierung bekommt der Wiener Akademikerball neue Brisanz. Einige zu Ministern avancierte Freiheitliche verzichten heuer laut "SN" auf die Teilnahme. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) geht aber zum Burschenschafterball, wenn nichts Gröberes dazwischenkommt, sagte ein Sprecher der APA.

Kitzmüller und Strache als Ballgäste

Als einzige weitere Spitzenpolitikerin der FPÖ hat die Dritte Nationalratspräsidentin Anneliese Kitzmüller gegenüber den "Salzburger Nachrichten" (Mittwoch-Ausgabe) erklärt, sicher an dem Ball – ein traditioneller Treffpunkt schlagender Burschenschafter – teilzunehmen. Infrastrukturminister Norbert Hofer, Innenminister Herbert Kickl und Verteidigungsminister Mario Kunasek verzichten darauf. Sozialministerin Beate Hartinger wollte sich nicht äußern.

Demonstriert wird gegen den früher von der FPÖ ausgerichteten Ball des Wiener Korporationsringes (WKR) in der Hofburg alljährlich. Die letzten beiden Jahre verliefen die Kundgebungen überraschend ruhig. Das dürfte sich heuer ändern. Die Sicherheitsbehörden rechnen mit größeren – und möglicherweise gewaltbereiten – Protesten nicht nur gegen den Ball, sondern gegen die schwarz-blaue Regierung insgesamt.

Kein Staatsakt

Das Anti-Extremismus-Bündnis "Jetzt Zeichen setzen" sieht denn auch Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gefordert: Dieser müsse garantieren, dass kein Mitglied der von ihm geführten Regierung an dem Ball teilnimmt. Denn eine "von rechtsextremen Vereinigungen getragene Veranstaltung" dürfe nicht zum Staatsakt werden, hieß es in einer Aussendung.

Auch für den Opernball am 8. Februar kursieren bereits Demoaufrufe. Protestiert wird in den nächsten Wochen übrigens auch in den Bundesländern: am 20. Jänner gegen den Akademikerball in Graz und am 3. Februar gegen den Burschenbundball in Linz. (APA, 10.1.2018)