Zeichner Gerhard Haderer hat eigens eine Illustration beigesteuert, die den "Sprung in die Selbständigkeit" der Künstler auf den Punkt bringt.

Wien – Ein "Regierungsprogramm der Kunst- und Kulturschaffenden 2018-2022" haben Vertreter von zehn Interessensverbänden österreichischer Künstler am Mittwoch der Öffentlichkeit vorgestellt. Der neue Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) erhält das Konvolut mit der Post. Man nehme die im Kulturprogramm der Regierung "ausgesprochene Einladung zu einem Austausch gerne auf", heißt es in dem Brief.

"Wir eröffnen den Dialog. Man braucht mit uns nicht gönnerhaft reden, man kann mit uns ganz normal verhandeln, wir sind Profis", sagte Gerhard Ruiss, Geschäftsführer der IG Autorinnen Autoren bei einer Pressekonferenz in Wien. Man sei im Vorfeld als Verhandlungspartner nicht eingebunden gewesen und wolle einen Termin bei Blümel und anderen zuständigen Ministern wie Justizminister Josef Moser (ÖVP), da der großen und wichtigen Materie Urheberrecht entscheidende Bedeutung zukäme. Es sei geplant, einen "ständigen Katalog der offenen Forderungen" zu eröffnen, der jeweils aktualisiert werden soll.

Fehlendes Verständnis

Vor allem stoßen sich die Interessensvertreter am fehlenden Verständnis für das Berufsbild des Künstlers und die gänzliche Absenz einer Auseinandersetzung mit der prekären sozialen Lage von Künstlern im Regierungsprogramm. Diese sei nämlich "desaströs", betonte Vasilena Gankovska von der IG Bildende Kunst. Man fühle sich jedoch als Start-ups behandelt, denen man bloß beim Sprung in die Selbstständigkeit helfen müsse.

"Uns stört, dass wir als Bittsteller hingestellt werden, die subventioniert werden müssen, weil sie es sonst nicht schaffen", sagte Peter Paul Skrepek von der Musikergilde. "Es geht nicht darum, dass Kunst und Kultur subventioniert werden muss. Sie müssen finanziert werden, wie etwa das Spitalwesen auch." Eine von Zeichner Gerhard Haderer auf seine Bitte vorgenommene Visualisierung der angekündigten Hilfe beim "Sprung in die Selbstständigkeit" zeigt einen Musiker auf dem Sprungbrett, unter ihm steht in einem ansonsten ausgelassenen Bassin ein halb volles Wasserglas.

Neoliberaler Geist

"Das Regierungsprogramm ist eine Anlage – was damit passiert, wissen wir nicht. Es ist ergebnisoffen formuliert, hat aber eine restriktive Schlagseite. Es handelt nicht von einem Mehr an Möglichkeiten, sondern einem Mehr an Kontrollmöglichkeiten", sagte Ruiss. "Es hat viele Postulate, gegen die man gar nichts haben kann, ist aber andererseits echt retro. Es weht klar ein neoliberaler Geist."

Dass Kunst und Kultur eine Querschnittsmaterie ist, wurde in vielen Wortmeldungen klar. So hält etwa Fabian Eder vom Dachverband der österreichischen Filmschaffenden den geplanten Wegfall der Notstandshilfe für besonders gefährlich in einem Bereich "extrem hoher Armutsgefährdung" wie der Filmbranche. Außerdem wollen die Filmschaffenden "einbezogen werden in die Medienenquete und in die Neuformulierung des ORF-Gesetzes sowie dauerhaft im Stiftungsrat oder seinem Nachfolgegremium vertreten sein".

Keine Erwähnung

Ulrike Kuner von der IG Freie Theaterarbeit monierte u.a., dass die darstellende Kunst außerhalb der Bundestheater keine Erwähnung im Regierungsprogramm finde, Daniel Hoesl vom Verband Filmregie Österreich forderte "Vielfalt und Innovation. Wir fordern Vertrauen in Unvertrautes!" Werner Richter von der IG Übersetzerinnen Übersetzer hoffte, dass EU-weite Initiativen für ein Urhebervertragsrecht während Österreichs EU-Ratspräsidentschaft zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden können: "Das würde Österreich gut anstehen."

Künstler hätten mit der Regierung als Gesetzgeber und Fördergeber zu tun, so Ruiss abschließend. "Wir haben uns jetzt positioniert. Aber wir haben erst begonnen. Sie werden wieder von uns hören." (APA, 10.1.2018)