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Weihnachten mit dem Präsidenten durften Ägyptens koptische Christen, darunter Papst Tawadros II., am Samstag mit Präsident al-Sisi feiern.

Foto: Reuters / HO

Man könnte sagen: Der Wahlkampf ist eröffnet. Anfang der Woche hat die ägyptische Wahlkommission die Termine für die anstehende Präsidentenkür bekanntgegeben und damit offiziell den Kampf um die Stimmen eingeläutet. Doch ganz so spannend ist es nicht: In der ersten Runde von 26. bis 28. März stehen zwar viele Kandidaten auf dem Zettel, die Auswahl für die Ägypterinnen und Ägypter ist trotzdem gering.

Das zeigt auch die plötzliche Betriebsamkeit, die sich unter den Parlamentsabgeordneten entwickelt hat: 464 Volksvertreter, das sind drei Viertel sämtlicher Mandatsträger, haben bis Dienstagabend eine Unterstützungserklärung für die Wiederwahl des Amtsinhabers Abdelfattah al-Sisi unterschrieben. Das Gesetz ist damit weit übererfüllt. Denn nur mindestens 20 Unterschriften von Mandataren sind die Vorbedingung für eine Kandidatur. Nicht beteiligt hat sich der "Block 25–30", eine Gruppe liberaler und linker Parlamentarier; er gilt als letzter Rest der Opposition.

Nur eine gut geölte Kampagne

Sisi hat seine Kandidatur offiziell immer noch nicht angekündigt. Regelmäßig wiederholt er die Formulierung, er werde antreten, wenn das Volk dies wünsche. Um diesen Volkswillen zu schaffen, läuft seit mehreren Monaten eine gut organisierte Unterschriftenkampagne, die in kurzer Zeit über zwölf Millionen Unterstützer gefunden hat.

Die Kampagne steht unter dem Motto, dass fertiggebaut werden soll, was in Angriff genommen wurde. Mit einer riesigen Anzahl an Großprojekten versucht der Präsident, sich ein Macherimage zu geben. Er sei in der Lage, zu gestalten und das Land zu modernisieren, so die Botschaft, die auch von den Nöten weiter Teile der Bevölkerung ablenken soll.

Kathedralen und Atomkraftwerke

Neben Infrastrukturprojekten wie Straßen und Tunneln liegt der Fokus auf dem Atomkraftwerk, das gemeinsam mit Russland gebaut werden soll, und auf der neuen Verwaltungshauptstadt. Dort konnten Sonntag koptische Christen in der im Eiltempo erbauten größten Kathedrale des Landes Weihnachten feiern, wie Sisi es ihnen vor einem Jahr versprochen hatte. Sie zählen zu den treusten Anhängern des Präsidenten.

In jüngsten Umfragen vom letzten Frühjahr waren die Zustimmungs- und Popularitätswerte des Präsidenten um 14 Punkte auf 68 Prozent gesunken. Neben dramatischen Preiserhöhungen gilt auch die umstrittene Abtretung von zwei Inseln im Roten Meer an Saudi-Arabien als verantwortlich für den Popularitätsverlust.

Diesen Regierungsentscheid hatte der Menschenrechtsanwalt Khaled Ali vor Gericht angefochten. Ali war schon vor vier Jahren gegen Sisi angetreten und hat vor mehreren Monaten angekündigt, auch jetzt wieder kandidieren zu wollen, um soziale Themen zur Debatte zu bringen. Seine Kandidatur hängt allerdings in der Luft. Die Regierung macht ihm den Prozess, er soll vor Gericht eine obszöne Geste gezeigt haben. Das Urteil gibt es frühestens am 7. März, wird er schuldig gesprochen, darf er nicht antreten. Die Hürden sind ohnehin hoch. Neben den Unterstützungserklärungen von 20 Abgeordneten müssen 25.000 Unterschriften von Bürgerinnen und Bürger beigebracht werden.

Fragwürdige Methoden

Mit Ahmed Shafiq hat der einzige gefährliche Gegner für Sisi am Sonntag erklärt, er werde nicht ins Rennen steigen. Der Erklärung vorausgegangen war eine Schmutzkampagne in den Medien, eingeschlossen der Vorwurf einer möglichen Verbindung zu den inzwischen verbotenen Muslimbrüdern. Der 76-jährige frühere Luftwaffenkommandant und letzte Regierungschef unter Mubarak hatte 2012 nur knapp gegen Morsi verloren und war dann in die Emirate ins Exil gegangen. Er genießt Rückhalt in Militär- und Geheimdienstkreisen und hat mehr politische Erfahrung und wäre damit ein ernst zu nehmender Herausforderer für Sisi geworden.

Seine Erklärung, wonach er zum Schluss gekommen sei, nicht die ideale Person für die künftige Führung des Landes zu sein, hat deshalb Spekulationen ausgelöst, dass von verschiedenster Seite Druck auf ihn und seine Familie ausgeübt worden sei.

Auch Ali hat sich bereits beklagt, dass er in seinen Aktivitäten behindert werde, zum Beispiel kein Lokal für Veranstaltungen findet. Diese Ausgangslage macht aus der Wahl eine Art Referendum, wie es unter Mubarak die Regel war, als das ganze Land jeweils mit Ja-Plakaten übersät war. (Astrid Frefel aus Kairo, 11.1.2018)