Felix Hafner ist unter den jungen Theaterregisseuren immer noch der jüngste – und dabei hierzulande der erfolgreichste. Nach seinem Nestroy-prämierten "Menschenfeind" am Volkstheater ist die Spielzeit 2018/19 schon ausgebucht. Im Mai inszeniert er in München, zuvor noch Joseph Roth am Landestheater Niederösterreich.

Foto: Robert Newald

St. Pölten – Felix Hafner verbeugte sich als Regisseur am Akademietheater schon, da war er noch keine 20 Jahre alt. Das hat sich nicht einfach so ergeben. Er hatte damals schon einige Semester im Theaterzentrum Deutschlandsberg auf dem Buckel. Nach der Schule zu den Proben, und das nicht selten bis zehn Uhr abends. Eine Produktion nach der anderen. Hausübungen? Ja, eh. Eltern freuen sich selten über solch flügge gewordene Kinder, aber nachträglich betrachtet war es jede Stunde wert, vom Heimatort Maria Lankowitz (Bezirk Voitsberg) aus zu pendeln.

Im Akademietheater also präsentierte Hafner 2012 eine Inszenierung von Shakespeares Julius Caesar (Co-Regie: Irene Diwiak) beim Schülertheatertreffen des Burgtheaters. Eineinhalb Tonnen Sand wurden dafür auf die Bühne geschüttet, die Resonanz war ausgezeichnet.

Wenige Jahre später nur, während des Studiums am Max-Reinhardt-Seminar, stand der junge Mann erneut dort: Hafner verkörperte in der Gastspielproduktion Das Schlangennest als zauberhaft flirrender Transvestit Micheline die Existenzpanik einer Pariser Wohngemeinschaft am Silvesterabend. Dafür bekam er, der Regiestudent, den Nachwuchsdarstellerpreis beim Studierendentreffen in Bochum. Zeitgleich brachte er im Theater in der Josefstadt eine selbst dramatisierte Fassung von Clockwork Orange heraus.

Dass man Felix Hafner schließlich im Alter von 24 Jahren an die Hauptbühne des Volkstheaters ranließ (als dort bisher jüngster Regisseur), ist rückblickend weniger überraschend. Dass er für den betreffenden Menschenfeind dann auch noch den Nestroy-Preis als Nachwuchsregisseur erhielt, ist fast kitschig.

Jünger als die Assistenten

Wie als Dankeschön hat er ebenda einen Nestroy (Höllenangst) draufgelegt, wird im Mai am Münchner Volkstheater inszenieren (Schöne neue Welt von Aldous Huxley) und steckt derzeit mitten in den Vorbereitungen für eine Uraufführung am Landestheater Niederösterreich: Joseph Roths Roman Die Flucht ohne Ende, ebenfalls in eigener Dramatisierung.

Das Schwierigste an dieser Arbeit ist es, so Hafner im Standard-Gespräch, die Verbindung zwischen Roths nüchtern-analytischem Blick und dem dramatischen Potenzial zu halten. Der Roman begleitet Hafner bereits seit seinem Germanistikstudium. "Ich wollte mich mit der Zwischenkriegszeit befassen, die ja in ihrer Orientierungslosigkeit und Anspannung Parallelen zu heute aufzeigt." Entlang der Reisen des in die Bedeutungslosigkeit entlassenen k. & k. Oberleutnants Franz Tunda durch Nachkriegseuropa entsteht "ein tiefschürfendes Panorama dieser Zeit. Man kann so viele Lebens- und politische Auffassungen herausziehen."

Dass manche Schauspieler so lange am Theater arbeiten, wie Hafner selber alt ist, stört den 25-Jährigen nicht. Er wirkt, wenn er seine Quastenhaube abgenommen und sich am Kaffeehaustisch niedergelassen hat, recht entspannt und zeigt sich null besorgt um seine Autorität als Regisseur, auch wenn er am Volkstheater bei besagter Molière-Arbeit der Jüngste im gesamten Produktionsteam war, jünger als seine Assistenten. Einem, der sich ganz zum Ensemblegedanken bekennt, fällt der Verzicht auf Chefallüren wohl leicht.

"Demokratischere Arbeitsformen sind in meiner Generation ein großes Thema", so Hafner. "Dieses enorme hierarchische Gefälle am Theater gehört erschüttert. Es ist ja nicht nur meine Aufführung; die Schauspieler verbringen viel mehr Zeit mit ihr. Klar braucht es einen Verantwortlichen, der entscheidet, damit man zu einem Ergebnis kommt. Aber es geht mir um ein Bewusstsein dafür, dass man all das, was man auf der Bühne kritisiert, dann selbst auch mal leben sollte. Dass man sich sensibilisiert dafür, was davon am Theater selbst institutionalisiert ist."

Held: Damon Albarn

Hier spricht jemand, der selbst mit neuen Formen der Mitsprache aufgewachsen ist und in der Egomanie keinen Wert erkennt. Dass er sich indes künstlerische Überzeugungen nicht so schnell ausreden lassen will, dafür hat Hafner schon früh geübt. Weihnachtsabende standen unter seiner Regie. "Ich habe ein genaues Programm geschrieben, was wann stattfinden soll." Sich ein Publikum zu organisieren fiel ihm schon damals nicht schwer. Als Vierjähriger gab er mit Kochtöpfen ein Schlagzeugsolo, in der Nachbarschaft wurde ein Zirkus aufgezogen. Um Vorbilder hat sich Felix Hafner nie gekümmert. Wenn, dann sind es Musiker, die ihn inspirieren, etwa Damon Albarn (Blur, Gorillaz) oder Radiohead.

Wer also vermutet, Felix Hafner möchte mit aller Kraft der nächste Regiejungstar sein, irrt. Dafür hat er zu viele verschiedene Interessen. Dass er es dennoch wird, ist nicht auszuschließen. Während junge Talente wie Ersan Mondtag oder Thom Luz schon früh feste Handschriften entwickelt haben, will sich Hafner nicht festlegen. Er will wieder schauspielen und auch Filme drehen. "Ich möchte die Felder offenhalten." Auch vom Akkordtempo jung entdeckter Nachwuchshoffnungen hält er wenig. Die Spielzeit 2018/19 ist zwar schon gut gefüllt, aber zwischen den Arbeiten muss auch gelebt werden: "Als Künstler sollte man auch ein- und nicht immer nur ausatmen." (Margarete Affenzeller, 12.1.2018)