In seinem Königreich der herumliegenden Dinge: der Bauer auf seinem Hof in "Aus einem Jahr der Nichtereignisse".

Foto: Filmgarten

Wien – Der Pullover ist irgendwo im Bauchnabelbereich hängen geblieben. Dafür hat sich das karierte Hemd einen Fluchtweg aus der Latzhose gebahnt. Auf seinen Rollator gestützt, schlapft der Bauer Willi in Aus einem Jahr der Nichtereignisse durch sein kleines, wild wucherndes Reich, meist noch begleitet von einer treuen Katze. Alles braucht Zeit, die Dinge sind nicht dieselben Dinge, wenn der Körper schwerfällig geworden ist. Und doch ist es keine Mühsal, die diesen Film bestimmt, sondern ein friedliches Einverständnis.

Ann Carolin Renniger, die Koregisseurin, kannte den norddeutschen Bauern bereits aus ihrer Kindheit aus der Ferne – man kann sich gut vorstellen, wie dessen unaufgeräumter Hof auf ein junges Mädchen gewirkt haben muss. Gemeinsam mit René Frölke hat sie sich nun an ihn herangewagt, ihn aber nicht im gängigen Sinne porträtiert. Aus einem Jahr der Nichtereignisse rückt das Ephemere ins Zentrum, die Augenblicklichkeit eines Lebens, in dem umliegende Natur, ein bisschen Federvieh und ein Mensch ein Ensemble bilden.

"Aus einem Jahr der Nichtereignisse" – Trailer
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Logik der Einschränkung

Seine Schönheit verdankt der impressionistische Film der Unordnung, die sich aus diesem chaotischen Zusammenwirken von Mensch und Gegenstand mit der Zeit wie von selbst geformt hat. Das Regieduo hat mit mehreren Kameras gedreht, vieles auf Super-8-Film, und das Material so geschnitten, dass das Ende einer Filmrolle auch zum strukturierenden Teil des Films gerät. Öfters sind Schwarzkader zu sehen, der Ton läuft weiter. Stillleben-ähnliche Serien, die einen wie in der Zeit versunkenen Ort beschreiben – es stapelt sich Nippes in Regalen, Fleisch im Kühler -, variieren mit belebteren Momenten, wenn Willi Besuch bekommt, Geburtstag feiert.

Geschichte sickert über Erinnerungen aber auch noch auf anderer Weise in den Film ein. Willi spricht von der Zeit, als es auf dem Hof noch mehr Tiere gab, oder wie er im Krieg in Italien unerlaubt schwimmen ging. Auch hier bleibt der Film seiner Logik der Einschränkung verpflichtet. Nichts bündelt sich zur Erzählung. Aus einem Jahr der Nichtereignisse ist ein Film, der sich zur rhapsodischen Form bekennt, zu Bildern, die irgendwann alle verschwinden. (Dominik Kamalzadeh, 13.1.2018)