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Peter Stöger hat in Dortmund eine zwar noch kurze, aber gute Bilanz: 2:0 in Mainz, 2:1 daheim gegen Hoffenheim. Im Cup verlor man bei den Bayern mit 1:2.

Foto: AP/Matthias Schrader

Dortmund/Wien – Es gibt Momente, da wundert sich der 51-jährige Peter Stöger übers Leben, die Welt, den Fußball und sich selbst. Logischerweise ist ihm vollkommen bewusst, seit dem 10. Dezember 2017 Trainer von Borussia Dortmund zu sein. Viel mehr ist nicht möglich. Okay, es gibt Barcelona, Real Madrid, die Bayern sind auch kein Schmutz, Juventus, Manchester City und United, vielleicht Liverpool. "Für einen, der aus Österreich kommt, ist das nicht schlecht."

Er wollte eigentlich die viereinhalb Jahre in Köln aufarbeiten, den Rauswurf verdauen, nach Erklärungen suchen, entspannen, urlauben, Kräfte sammeln. "Ich bin einer, der reflektiert, nach Ursachen forscht. Obwohl man nie auf alles Antworten bekommt", sagt er dem Standard.

Flotte Entscheidung

Als sieben Tage nach dem Abschied aus Köln das Smartphone läutete, Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke ihn fragte, ob er nicht sofort Nachfolger von Peter Bosz werden wolle, ist Folgendes passiert: Stöger, der in Wien weilte, musste sich von seiner Mutter, die er vor einer halben Stunde begrüßt und umarmt hatte, spontan verabschieden. "Es ist nicht so, dass ich gar keine Sekunde überlegen musste. Ich überlegte zwei Sekunden und habe Watzke zugesagt. Interessanterweise bin ich nicht leer gewesen, das Ende in Köln war ja absehbar. Holt man aus 14 Partien nur drei Zähler, sind die Mechanismen schwer aufzuhalten."

Es ist nur ein kurzfristiger Vertrag, Mitte Mai soll wieder Schluss sein, Stöger ist Dortmunds Feuerwehrmann. "Ich habe damit gar kein Problem, es ist eine ganz klare Geschichte, das mag ich. Sind wir erfolgreich, werden sich andere Türen öffnen. Bin ich nicht erfolgreich, wovon ich nicht ausgehe, war ich immerhin in Dortmund. Ich sehe das emotionslos und nüchtern."

Am Sonntag steigt das Bundesligaheimspiel gegen Wolfsburg, 80.000 Fans werden das Westfalenstadion bis auf den letzten Platz füllen. Die "Gelbe Wand" genannte Tribüne ist legendär, ist Emotion pur. Stöger kannte sie aus Kölner Zeiten, sozusagen von der anderen Seite. Beim 2:1 gegen Hoffenheim war er erstmals Gastgeber. "Beeindruckend, natürlich verspürt man Demut, aber so arg war es nicht."

Der 1. FC Köln ist Kult, war weltberühmt in Köln. "Dortmund steht weit drüber, ist eine internationale Größe. Ich arbeite mit Weltmeistern und Champions-League-Dauergästen, die Qualität der Spieler ist der Unterschied. Was den inneren Kreis angeht, ist es durchaus überschaubar, es geht sehr menschlich zu." Er sei mit Watzke und Sportdirektor Michael Zorc auf einer Wellenlänge.

Schön und temporeich

Das Trainingslager in Marbella diente dem Kennenlernen, der Vertiefung. Stöger führte Einzelgespräche, Kicker wie Mario Götze oder Marcel Schmelzer zeigten sich begeistert über "die Menschlichkeit, soziale Kompetenz und das Fachwissen" des neuen Trainers. Stöger möchte das nicht überbewerten. "Man dreht an gewissen Schrauben, versucht, im taktischen Bereich etwas zu tun. Die Borussia ist ein Mannschaft, die offensiv ausgerichtet sein soll und muss. Das schöne, temporeiche, dominante Spiel ist wichtig."

Einer der Topstars ist Pierre-Emerick Aubameyang, dem Stürmer wird Verhaltensauffälligkeit attestiert, circa zweimal am Tag wechselt er nach China oder sonst wohin. In Marbella soll er seine halbe Verwandtschaft im Hotel einquartiert haben, Stöger ist das nicht wirklich aufgefallen. "Interessante Persönlichkeit, großartiger Fußballer. Es ist alles im Rahmen, gab keine Regelverletzungen." Während des Spanien-Aufenthalts begann in Deutschland der Prozess gegen jenen Attentäter, der im April 2017 einen Anschlag auf den Mannschaftsbus verübt hatte. Marc Bartra wurde dabei schwer an der Hand verletzt. "Ich habe das Angebot gemacht, darüber zu sprechen. Es wurde nicht angenommen, also gehe ich davon aus, dass dieser schlimme Vorfall verarbeitet ist."

Mag sein, dass Stögers Karrierre auch von Zufälligkeiten abhängig gewesen ist. Hätte Bosz nicht 1:2 gegen Werder Bremen verloren, hätte der Niederländer weiterwursteln dürfen. Stöger half in Köln das 2:2 auf Schalke nichts, selbst bei einem Sieg wäre er entlassen worden. Er wurde darüber lange vor Anpfiff informiert, auch die Mannschaft wusste es. "Meinen Buam zuliebe habe ich die Geschichte aber noch zu einem würdigen Ende geführt."

Dynamisches Duo

Stögers rechte Hand, Manfred Schmid, ist ebenfalls in Dortmund gelandet. Zwischen das Duo passt kein Blatt Papier. "Wir sind Freunde, er ist ein wichtiger Baustein, macht die Analysen." Der 46-jährige Schmid wollte sich nach Köln in aller Ruhe die lädierte Hüfte reparieren lassen, der Eingriff wurde trotzdem durchgeführt, freilich in aller Eile. "Es ist bewundernswert, wie er geht und voll arbeitet."

Dortmund möchte in der Liga Zweiter hinter den übermächtigen Bayern werden, momentan ist die Borussia Dritter. In der Europa League wird zumindest das Halbfinale angestrebt. Stöger, und auch das ist ein Unterschied zu Köln, weiß, "dass es hier um realistische Ziele geht. In fast jedem Spiel sind wir Favoriten. Es gibt wirklich Schlimmeres." (Christian Hackl, 13.1.2018)