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Amtsinhaber Miloš Zeman gewann die erste Runde der Wahl. Er galt als Favorit.

Foto: Michal Kamaryt/CTK via AP

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Drahoš nach der Stimmenauszählung: Experten rechnen ihm für die Stichwahl in zwei Wochen durchaus Chancen zu, gegen Zeman zu gewinnen.

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In der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Tschechien konnte am Freitag und Samstag keiner der neun Bewerber eine absolute Mehrheit erreichen. Die beiden stimmenstärksten Kandidaten – der amtierende Präsident Miloš Zeman und der Chemiker und ehemalige Chef der Akademie der Wissenschaften Jiří Drahoš – werden in einer Stichwahl in zwei Wochen gegeneinander antreten.

Der 73-jährige Zeman war als klarer Favorit ins Rennen gegangen. Der frühere Chef der Sozialdemokraten, der sich jedoch bereits vor mehr als zehn Jahren im Streit von der Partei getrennt hatte, erzielte nach Auszählung fast aller Wahlkreise 38,6 Prozent der Stimmen. Drahoš erreichte 26,6 Prozent und folgt damit mit großem Abstand auf Platz zwei. Meinungsforschern zufolge ist er in der Stichwahl dennoch nicht chancenlos: Die Wahl war im Vorfeld auch als "Referendum über Zeman" bezeichnet worden, also quasi als Match "acht gegen einen". Viele Wähler der ausgeschiedenen Kandidaten dürften daher in der zweiten Runde Drahoš ihre Stimme geben.

Umstrittene Migrationspolitik

Präsident Zeman hat das Land polarisiert und gilt als entsprechend umstritten. Zuletzt hatte er vor allem aus der Flüchtlingskrise politisches Kapital geschlagen: In seiner Anti-Migrationspolitik geht er wesentlich weiter als die meisten anderen Politiker, die ebenso gegen die verpflichtenden Quoten der EU zur Verteilung von Asylwerbern sind. Den Islam etwa bezeichnete er als "Religion des Hasses", was ihm vergangenes Jahr auch heftige Kritik des damaligen sozialdemokratischen Premiers Bohuslav Sobotka einbrachte.

Zemans großer Vorteil bei der Wahl: Er genießt das Vertrauen von Wählern quer durch das politische Spektrum. Viele Sozialdemokraten verehren ihn, der die Partei einst groß gemacht hat, nach wie vor. Außerdem konnte er auf die Unterstützung vieler Kommunisten zählen, dazu kommen Anhänger der rechtsextremen, fremden- und EU-feindlichen Partei "Freiheit und direkte Demokratie". Und nicht zuletzt kann Zeman auf die Unterstützung des neuen Premiers Andrej Babiš bauen, des Chefs der liberal-populistischen Partei Ano, die bei der Parlamentswahl im vergangenen Oktober mit knapp 30 Prozent stärkste Partei geworden war.

Mann der Wissenschaft

Jiří Drahoš ist so ziemlich das genaue Gegenteil von Zeman. Dessen hemdsärmeliger, polternder Art setzte der 68-Jährige den Nimbus des zurückhaltenden Wissenschafters entgegen, der gewohnt ist, mit einer gewissen Bedächtigkeit an die Dinge heranzugehen. Er war zwar – genau wie Zeman und alle anderen Bewerber – kein Parteikandidat, wurde aber vor allem von den Christdemokraten und der rechtsliberalen, einst von Karl Schwarzenberg gegründeten Partei Top 09 unterstützt.

Außenpolitisch tritt Drahoš für eine weitere feste Verankerung Tschechiens in der EU und der Nato ein, auch einer Einführung des Euro steht er nicht ablehnend gegenüber. In der Migrationskrise warnte er vor einem Anwachsen von Xenophobie, Extremismus und Populismus. Im Vorfeld der Wahl hatte er angegeben, dass er niemanden zum Premier ernennen würde, der einer Straftat beschuldigt wird.

Wackelige Regierung

Insofern kann man die Präsidentschaftswahl in gewisser Weise nicht nur als Referendum über Miloš Zeman ansehen, sondern auch als eines über Andrej Babiš: Dem Premier, der als zweitreichster Tscheche gilt, wird als Unternehmer Subventionsbetrug im Zusammenhang mit EU-Förderungen zur Last gelegt. Vor der Parlamentswahl im Oktober hatte er deshalb sogar seine parlamentarische Immunität verloren, durch die Wahl erhielt er sie erneut.

Zeman hat Babiš dennoch als Regierungschef angelobt. Dessen Kabinett hat aber noch keinen Rückhalt des Parlaments. Babiš hat auch keine Unterstützung für seine Minderheitsregierung aus Ano-Politikern und parteilosen Experten ausgehandelt. Eine geplante Vertrauensabstimmung wurde erst am Mittwoch auf kommende Woche verschoben. (Gerald Schubert aus Prag, 13.01.2018)