Auch Ubereats-Radboten dürften vom Urteil betroffen sein.

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Wien – Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wonach der von Uber angebotene Vermittlungsdienst eine Art Taxiunternehmen ist, hat in ganz Europa Aufsehen erregt. Demnach ist der Vermittlungsdienst als integraler Bestandteil einer Gesamtdienstleistung, die hauptsächlich aus einer Verkehrsdienstleistung besteht, anzusehen – und daher nicht als IT-, sondern als Verkehrsdienstleistung einzustufen (EuGH 20.12.2017, C-434/15).

Der California Northern District Court sieht das ähnlich: "Uber does not simply sell software; it sells rides." Uber ist daher als Taxiunternehmen einzustufen und benötigt alle behördlichen Genehmigungen.

Das EuGH-Urteil betrifft nur den Dienst Uber-Pop, der in Österreich nicht angeboten wird. Dennoch könnte es das Uber-Geschäftsmodell auch in Österreich grundlegend ändern – und hat darüber hinaus arbeitsrechtliche Brisanz.

In Österreich vermittelt Uber über ihre App die Fahrten zwischen Kunden und Mietwagenunternehmen – und sieht sich daher als eine Vermittlungsplattform. Der Vertragspartner des Kunden ist laut Uber das Mietwagenunternehmen.

Dabei könnte allerdings eine Arbeitskräfteüberlassung vorliegen – mit der Rechtsfolge, dass Uber als Beschäftiger für die gesamten der überlassenen Fahrer für die Beschäftigung in seinem Betrieb zustehenden Entgeltansprüche und die Dienstgeber- und Dienstnehmerbeiträge zur Sozialversicherung als Bürge haftet.

Ein-Personen-Unternehmen

Besonders relevant ist das Urteil für jene Mietwagenfirmen, die als Ein-Personen-Unternehmen (EPUs) betrieben werden. Diese unterscheiden sich nicht wesentlich von den Fahrern in anderen Ländern bei Uber-Pop.

Arbeitsrechtlich interessant im EuGH-Urteil ist vor allem ein Punkt: Uber übt einen entscheidenden Einfluss auf die Bedingungen aus, unter denen die Fahrer die Leistungen erbringen. Es setzt durch die App zumindest den Höchstpreis für die Fahrt fest, hebt den Preis beim Kunden ein, überweist einen Teil davon an den nicht berufsmäßigen Fahrer und übt eine gewisse Kontrolle über die Qualität der Fahrzeuge und deren Fahrer sowie über deren Verhalten aus, die gegebenenfalls zu ihrem Ausschluss führen könne.

Für die Frage der Einstufung als Arbeitnehmer oder Selbstständiger ist das wichtigste Kriterium, wie stark Ubers Einfluss auf die Arbeitsbedingungen der EPUs tatsächlich ist. Die Fremdbestimmung der Leistung wird dadurch ersichtlich, dass Uber den Fahrpreis, den Tarif und die Route bestimmt und festlegt, welche Fahrzeuge verwendet werden dürfen.

Weiters regelt Uber in den Rahmenverträgen mit den Fahrern, ob sich Fahrer vertreten lassen dürfen oder nicht. Über all das können Fahrer nicht selbst disponieren. Ein starkes Indiz für das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft liegt vor, wenn sich Vertragspartner nicht vertreten lassen dürfen.

Kontrollmechanismen

Ein weiteres Kriterium für eine Arbeitnehmereigenschaft ist die Kontrollunterworfenheit. Angesichts der Fülle an Kontrollmechanismen haben Arbeitsrechtsexperten keine Zweifel, dass diese bei Uber vorliegt. In der digitalen Welt bewerten die Kunden ihre Fahrer, ob sie mit ihnen und der Fahrt zufrieden waren oder nicht. Bei vielen schlechten Bewertungen könnte der Fahrer gesperrt werden. Auch das spricht dafür, EPUs als Arbeitnehmer einzustufen.

Uber regelt laut dem EuGH-Urteil zahlreiche unternehmensrelevanten Vorgänge der Fahrdienstleistung, was die persönliche Abhängigkeit der EPUs und somit ihre Arbeitnehmereigenschaft begründen könnte. Das würde Uber dazu zwingen, sein Geschäftsmodell in Österreich – zumindest bei den EPUs – ändern zu müssen. Entweder reduziert Uber seinen Einfluss auf die Fahrer massiv, oder die Fahrer werden als Arbeitnehmer angestellt.

Das Vorliegen einer möglichen Scheinselbstständigkeit ist aufgrund des EuGH-Urteils auch bei anderen Vermittlungsplattformen zu prüfen, z.B. Foodora oder book a tiger. Dabei muss jeder Fall allerdings einzeln geprüft werden. (Lukas Disarò, 15.1.2018)