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Ein Teilnehmer einer rechtsextremen Demonstration in Portland.

Foto: APA/AFP/Getty/McFeh

Die antifaschistische Initiative "Hooligans gegen Satzbau" ist laut eigenen Angaben an ein Handbuch für "Hasspostings" und "memetische Kriegsführung" gelangt, das in rechtsextremen Gruppen kursieren soll. Beispielsweise in "Reconquista Germanica", einer Gruppe mit 7.000 Nutzern, in der sich auch Anhänger der rechtsextremen Identitären Bewegung oder der AfD finden. "Eure Waffen sind systematisch angewendete Lügen und Gewalt", kommentiert "Hooligans gegen Satzbau" das Handbuch, das im Netz abrufbar ist.

"Nicht überzeugen"

Es skizziert in vier Teilen, wie "Opfer im Internet verarscht" werden können. Die Echtheit und der Stellenwert des Dokuments in der rechtsextremen Community können nicht endgültig bestätigt werden, derartige Guides sind jedoch aus der "Alt-Right"-Szene in den USA bekannt. Außerdem verlinkte Identitären-Kopf Martin Sellner auf seiner Webseite Teile des Handbuchs. Dort heißt es etwa, dass man "bei Diskussionen im Internet den Gegner nicht überzeugen" wolle. Vielmehr ginge es darum, "wer vom Publikum Recht erhält".

Man solle etwa die Accounts von Unternehmen auf Facebook und Twitter attackieren, da diese meist "von jungen Frauen, die direkt von der Uni kommen", betreut werden – laut Handbuch "klassische Opfer". Außerdem rät der Guide dazu, im Extremfall Gegner zu beleidigen: "Schwacher Punkt ist oft die Familie". "Strafrechtlich relevante Aussagen" solle man aber vermeiden.

Im Rudel auftreten

Nutzer sollten sich mehrere Accounts anlegen und Gleichgesinnte zusammentrommeln, um "im Rudel" aufzutreten. Ein wichtiger rhetorischer Kniff sei es laut Handbuch außerdem, "großzügig die Nazikeule" einzusetzen und "systemtreuen Lakaien" Rassismus und Antisemitismus vorzuwerfen: "Schlage deine Gegner mit ihren eigenen Waffen." Das Handbuch gibt außerdem Tipps, wie man einen Hashtag auf Twitter zum Trend macht ("man braucht gerade einmal 1.000 Tweets pro Stunde") und in die "Fiilterblase des Durchschnittsbürgers" eindringt ("mach dir unauffällige Accounts – Tiere, Reisen, Sommer, Sonne").

Chance auf Versachlichung

Selbst wenn das Handbuch eine Fälschung ist – Indizien wie die Sellner-Verlinkungen sprechen eher für seine Authentizität –, beschreibt es das Kommunikationsverhalten zahlreicher rechtsextremer Nutzer gut. Prinzipiell sollte jeder Nutzer die Chance erhalten, auch nach einem unfairen Posting wieder zur Sachebene zurückzukehren, riet die Autorin Ingrid Brodnig ("Hass im Netz", "Lügen im Netz") im Gespräch mit dem STANDARD. Sei das nicht möglich, könne man laut Brodnig das "Löschen oder Blockieren von dessen Beiträgen in Betracht ziehen". Ist das Ziel des Gegenübers – wie im "Handbuch für Medienguerillas beschrieben" – nur das "Beleidigen" und Bloßstellen des Diskussionspartners, ergibt eine sachliche Debatte keinen Sinn.

"Nicht genug übertreiben"

Zuletzt ist auch der interne Style-Guide der Neonazi-Webseite "Daily Stormer" im Netz aufgetaucht. Darin heißt es, dass Aktivisten der Seite "gar nicht genug übertreiben" können. Teenager, die wegen Hasspostings verhaftet werden, sollen etwa als "ewig noble Kämpfer im Heiligen Krieg, die das Blut unserer Ahnen beschützen wollen", bezeichnet werden. Leser der Seite oder von deren Beiträgen in sozialen Medien sollten nicht erkennen können, ob es sich um Satire oder Ernst handle. Das ultimative Ziel der Seite sei es, "den Gegner zu entmenschlichten – bis zu dem Punkt, an dem Menschen über dessen Tod lachen". (red, 15.1.2018)