Christine Urspruch hopst in Matthias Ripperts Inszenierung von "Ein Volksfeind" als Ärztin auf dem Bett herum.

Foto: Anja Koehler

Henrik Ibsens 1882 entstandenes und als Skandal empfundenes Gesellschaftsdrama "Ein Volksfeind" ist in einem Badeort angesiedelt. Am Vorarlberger Landestheater inszeniert Matthias Rippert den Konflikt zwischen Badearzt, Honoratioren und der Bürgerschaft des Ortes.

Im Kurort klebt man aufeinander, das Schmiermittel der aufgekratzten Geselligkeit ist der Grog. Als die Aufdeckerin den Herren der Stadt reinen Wein in Sachen Wasserqualität einschenkt, reagieren sie situationselastisch. Noch meint die Ärztin, Oberwasser zu haben. "Bürgerversammlung!", skandiert die bei der städtischen Badeverwaltung Angestellte im Ätschibätschi- oder Fang-mich-doch-Tonfall.

Die Ansprache der Medizinerin, in der Integrität in Ausrottungsfantasien umschlägt, ist irritierend brav inszeniert – und erhält Szenenapplaus. Gern grenzt man sich ab von "den Dummen" an der Macht, in der Mehrheit, im Hausbesitzerverein. Oder klatscht man Trost? Ist es am Ende gar Frauensolidarität?

Die Inszenierung, die bis dahin die Farce forcierte, sackt ab ins Unbestimmte. Ein Bohrer senkt sich herab, er wird sich quietschend bis zum Ende des Stückes weiterdrehen. Ein bisschen groggy wirkt die Unbeugsame dann doch, als sie verkündet, das Kind zu einem "freien Menschen" machen zu wollen. Da ist die Familie schon auf dem Sprung. Es hopst die Ärztin auf dem Einzelbett herum. Die Stiefeletten mit dem knallroten Klebebandkreuz an der Achillesferse hat sie abgestreift. (pen, 16.1.2018)