Rom – Nach den Ermittlungen der italienischen Justiz gegen die bei der Flüchtlingsrettung engagierten NGOs wegen möglicher Verstrickung in Schlepperei klagen humanitäre Organisationen über einen starken Spendenrückgang. Dutzende von Hilfsprojekten mussten wegen Finanzierungsmangel eingefroren werden, klagten NGO-Sprecher nach Angaben italienischer Medien.

Die Spenden für prestigereiche Hilfsorganisationen wie "Ärzte ohne Grenzen", "Save the Children", sowie das UNO-Flüchtlingswerk UNHCR seien seit Monaten mit zwischen 10 und 20 Prozent rückgängig, berichtete die römische Tageszeitung "La Repubblica". Vor allem in Italien, wo das Medienecho auf die Ermittlungen gegen die NGOs besonders relevant war, sei der Spendenrückgang auffallend.

"Wertvolle Spenden zur Rettung von Menschenleben und für humanitäre Projekte in vielen Krisengebieten sind weggefallen", klagte der Generaldirektor für Italien von "Ärzte ohne Grenzen", Gabriele Eminente. Die Organisation ist die einzige NGO, die einen von der italienischen Regierung entworfenen "Verhaltenskatalog" für Rettungseinsätze im Mittelmeer nicht unterzeichnet hat.

Rettungseinsatz ausgesetzt

Die auf Malta beheimatete Hilfsorganisation MOAS hat beschlossen, den Rettungseinsatz für Flüchtlinge im Mittelmeer auszusetzen. Das Schiff "Phoenix", mit dem die NGO 2014 mit Rettungsaktionen im Mittelmeer gestartet war, ist im Hafen von Dubai vor Anker. "Es gibt kein Geld mehr, um die Rettungsaktionen zu finanzieren. Die Zahl unserer Förderer hat sich halbiert", berichtete MOAS-Gründerin Regina Catrambone.

Der auf Malta lebende US-Millionär Christopher Catrambone hatte es sich vor vier Jahren zur Aufgabe gemacht, Flüchtlinge vor dem Tod auf hoher See zu bewahren. Mit seiner italienischen Frau kaufte der im Versicherungsbereich aktive Unternehmer einen alten Fischkutter und gründete die Stiftung "Migrant Offshore Aid Station (MOAS)". An Bord der "Phoenix" war bis September eine 20-köpfige Crew im Einsatz. MOAS hatte im Mai vor dem Parlament in Rom den Verdacht der Kontakte zu Schleppern bei der Flüchtlingsrettung im Mittelmeer bestritten.

Wegen des Verdachts auf Beihilfe zur Schlepperei hatte die italienische Regierung Druck auf die im Mittelmeer aktiven NGOs gemacht, um sie zur Unterzeichnung eines von Rom verfassten Verhaltenskodex zu bewegen. Die meisten Hilfsorganisationen unterzeichneten den Regelkatalog.

Deutlich weniger Migranten

Wegen der sinkenden Zahl der Menschen, die derzeit die Flucht über das Mittelmeer wagen, und der veränderten Sicherheitslage für die NGOs hat auch die NGO "Save the Children" ihre Rettungsmission abgebrochen.

In den vergangenen Monaten kamen deutlich weniger Migranten in Italien an als noch im Mai oder Juni, was auch auf stärkere Kontrollen der libyschen Küstenwache zurückgeführt wird, die im Kampf gegen die Schlepper von der italienischen Marine unterstützt wird. Hilfsorganisationen hatten mehrfach berichtet, Drohungen der libyschen Küstenwache erhalten zu haben oder mit Warnschüssen bedroht worden zu sein. (APA, 15.1.2018)