Peter Pilz hat zwar schon ein neues Quartier für seine Partei, doch mit seiner Rückkehr in den Klub droht ein neuer Scherbenhaufen – denn kaum ein Abgeordneter will auf sein Mandat verzichten.

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Wien – Peter Pilz steht vor einem Gebäude im sechsten Wiener Bezirk und freut sich: Er hat Räumlichkeiten für seine Partei, die Liste Pilz, und deren neu zu gründende Bildungseinrichtung gefunden. Hier soll nicht nur der Thinktank Quartier finden, hier soll auch das neue Online-Medium, das Pilz gründen will, produziert werden. Noch mehr freut sich Pilz aber darüber, dass er wieder Abgeordneter werden wird. Absolut alle im Klub hätten sich für seine Rückkehr ins Parlament ausgesprochen. "Ich bin sehr zufrieden", sagt er, "das tut mir gut. Eine gute Entwicklung."

Wann er wieder ins Parlament komme, sei noch offen. Das werde in aller Ruhe besprochen und vorbereitet. Dafür sei der Klub zuständig, er selbst sei in dieser Frage nicht initiativ. Sagt er.

Scharfe Kritik an Pilz' Polit-Comeback kommt von den anderen Parteien ("ZiB 1").
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Pilz will sich erst einmal um die Eurofighter kümmern, hier sei Gefahr im Verzug. In Deutschland kaufe sich Herstellernachfolger Airbus aus dem Verfahren, in Österreich drohe Ähnliches. Die Republik muss wieder einmal gerettet werden. Er könne es nicht zulassen, dass sich ÖVP und FPÖ von Airbus kaufen lassen.

Keiner will verzichten

Um den politischen Kleinkram kümmern sich erst einmal die Abgeordneten im Klub. Offiziell verkündeten Klubobmann Peter Kolba und Abgeordneter Alfred Noll am Wochenende zwar, dass sich alle acht Mandatare "einstimmig und einvernehmlich" für Pilz' Rückkehr ausgesprochen haben.

Anfang November war ein Pilz-Comeback für Peter Kolba, Klubobmann der Liste Pilz, noch ausgeschlossen, jetzt kehrt Peter Pilz doch zurück in die Politik. – Peter Kolba im "ZiB 24"-Gespräch.
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Doch seitdem ist auch klar, dass jemand auf sein Mandat verzichten muss, sobald Pilz sein Comeback im Parlament feiern will. Nur Kolba, der über die niederösterreichische Liste ins Hohe Haus eingezogen ist, und Daniela Holzinger, die in Oberösterreich antrat, können fix im Nationalrat bleiben.

Doch der erste neue alte Weggefährte von Pilz, der Ex-Grüne Bruno Rossmann, stellt im STANDARD-Gespräch jetzt schon klar: "Ich werde nicht gehen." Denn er möchte nicht Budgetsprecher auf Abruf für eine Liste oder Bewegung sein: "Das tut meiner Arbeit nicht gut – und das tut meinem Standing in der Öffentlichkeit als Experte für Verteilungsgerechtigkeit nicht gut." Und überhaupt sei er auf Einladung von Pilz mit der Absicht angetreten, für eine ganze Legislaturperiode im Nationalrat zu arbeiten – wo er doch "bei den Grünen aufgehört" habe.

Entscheidung bis zum Sommer

Wann Pilz konkret wieder in den Nationalrat will, ist ungeklärt – nach der Klausur hieß es, "noch bis zum Sommer" könne dieser Schritt erfolgen oder aber auch länger dauern. Anfang November hat Pilz nach Vorwürfen sexistischer und sexueller Belästigung auf sein Mandat verzichtet.

Im Hintergrund will Pilz zwar an einer restlosen Aufklärung der Causen im grünen Klub und in Alpbach arbeiten, doch klubintern wird auch befürchtet, dass die politischen Gegner die Angelegenheiten weiter aufkochen, sobald Pilz wieder in die erste Reihe tritt – und harsche Kritik an seiner bevorstehenden Rückkehr kam am Montag auch schon prompt von den anderen Parteien.

SPÖ-Chef Christian Kern erklärt, solange die Vorwürfe gegen Pilz im Raum stünden und nicht aufgeklärt seien, "tut er sich, seiner Liste und dem Parlament nichts Gutes. Ich würde ihm davon abraten." Seine Rechtfertigungsversuche seien letztklassig gewesen.

Für FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky ist Pilz ein "Justizflüchtling": Denn der Ex-Grüne habe offene Verfahren – etwa wegen übler Nachrede, des Verdachts der Verleumdung oder wegen verbotener Veröffentlichung. Durch den Wiedereinzug würde Pilz erneut die parlamentarische Immunität erlangen und sich damit den Verfahren entziehen.

Neos-Chef Matthias Strolz sagte etwa: "Ich finde, solange Peter Pilz diese Vorwürfe, die gegen ihn im Raum stehen, nicht ausgeräumt hat, so lange hat er in der Volksvertretung, im Hohen Haus nichts zu suchen." Das sage er auch als Vater dreier Töchter.

Rossmann meint jedenfalls: "Für mich ist eine Rückkehr von Peter Pilz dann eine gute Sache, wenn gleichzeitig die Vorwürfe gegen ihn ausgeräumt werden können."

Das sieht auch Martha Bißmann so. Sie ist statt Pilz ins Parlament eingezogen. "Er muss sich jetzt erklären", sagt sie über den Parteigründer. Bis zum Sommer habe er Zeit, um die Vorwürfe gegen ihn zu entkräften. "Ich vertraue ihm."

Problem prolongiert

Sie selbst will ebenfalls nicht auf ihr Mandat verzichten. "Manche fänden das vielleicht logisch oder fair", sagt Bißmann. Die Abgeordnete verweist aber darauf, dass mit ihr gleich viele Frauen wie Männer im Klub sitzen und dass sie die Einzige mit Erfahrung im Bereich Umwelt sei. Überhaupt finde sich derzeit niemand im Klub, der zugunsten von Pilz das Mandat aufgeben wolle. "Auch hier müssen wir eine Lösung bis zum Sommer finden." Auch Wolfgang Zinggl hat einen Mandatsverzicht bereits ausgeschlossen.

Ob ein Abgeordneter, der den Erinnerungsschwund anderer Politiker angeprangert hat, wegen seiner Gedächtnislücken in eigener Sache noch glaubwürdig sein kann? Klubchef Kolba dazu: "Wenn Pilz das aufklären kann, dann ist die Situation wieder eine andere – und dann kann er sehr wohl wieder die anhaltenden Erinnerungslücken von jenen kritisieren, die nicht mehr wissen, was konkret ihre Leistung war."

Dennoch gibt Kolba zu, dass die Optik, wenn eine weibliche Abgeordnete wegen Pilz auf ihr Mandat verzichten müsse, fatal wäre: "Das gehört zu den vielen schwierigen Fragen, denen wir uns stellen – und uns ist bewusst, dass uns das schlecht ausgelegt werden kann." Wen auch immer es treffe: Arbeit im Klub sei demjenigen garantiert. Man habe ja quasi schon zwei Mandatare ohne Mandat – Tierschützer Sebastian Bohrn Mena und Frauenrechtlerin Maria Stern. (Lisa Kogelnik, Michael Völker, Nina Weißensteiner, 15.1.2018)