Reichlich nebulose Formulierungen im Regierungsprogramm, widersprüchliche verbale Ansagen koalitionärer Minister und wütende Angriffe der SPÖ: Das Thema Arbeitsmarkt dominiert die Schlagzeilen, und das keineswegs in einem positiven Sinn. Nicht nur Arbeitslose befürchten Einschnitte, die Verunsicherung wächst auch unter Beschäftigten. Der Regierung haftet – unabhängig von der inhaltlichen Bewertung allfälliger Reformen – zusehends der Makel der Zerstrittenheit an, und die Führungsqualitäten von Kanzler Sebastian Kurz sind arg in Zweifel gezogen.

Vor allem die SPÖ nützt das weidlich aus. Das steht ihr natürlich zu. Allerdings: Wie derzeit aus unklaren Überschriften Horroszenarien herbeigeredet werden, ist einer Oppositionspartei unwürdig. Den Vogel schoss Bundesgeschäftsführer Max Lercher ab, der vor einem Zuzug von 150.000 Ausländern aus Nicht-EU-Ländern warnte, weil die Regierung den Zugang für Facharbeiter erleichtern will. Zugrunde liegt der kühnen Behauptung die Absicht von Türkis-Blau, Fachkräfte aus Drittstaaten schon dann zuzulassen, wenn sie nur in einzelnen Bundesländern oder Bezirken knapp sind. Derzeit wird die Zuwanderung nur gestattet, wenn es in ganz Österreich zu viele offene Stellen gibt.

Schon der Umstand, wie wenig Fachkräfte derzeit im Rahmen dieser Möglichkeit herkommen, spricht Bände: Gerade einmal 160 Personen haben sich über diese Schiene der Rot-Weiß-Rot-Karte für hiesige Jobs qualifiziert. Selbst eine Regionalisierung, mit der dann beispielsweise auch Köche aus Serbien und Nachrichtentechniker aus Mazedonien geholt werden könnten, würde die Zahl niemals in die von den Roten behaupteten Sphären vordringen lassen. Das hängt auch damit zusammen, dass qualifiziertes Personal nicht nur bei uns rar ist und andere Länder mit besseren Konditionen darum buhlen.

Strategie der SPÖ

Wir lernen daraus vor allem, wie die SPÖ ihre Strategie in der Post-Regierungs-Ära anlegt: Fundamentalopposition ohne Rücksicht auf Fakten und Verluste. Diese Einstellung ist beim Arbeitsmarkt besonders problematisch, weil es um die Zukunft Einzelner und der Gesamtwirtschaft geht. Gutes Personal wird für die Betriebe zusehends zur Existenzfrage. Wer keine qualifizierten Fachkräfte engagieren kann, kann nicht bestehen. Natürlich sind auch die Unternehmen angehalten, mehr und besser auszubilden und eine gute Bezahlung sicherzustellen. Doch ebenso gilt es, Potenziale am Arbeitsmarkt auszuschöpfen.

Dass die überwiegende Mehrheit der Jobsuchenden dringend Arbeit sucht und keine findet, ist unbestritten. Es gibt aber auch die andere Seite: In Österreich können offene Stellen im internationalen Vergleich besonders leicht wegen zu niedrigen Lohns, eines anderen Berufsbilds oder großer Entfernung abgelehnt werden. Die fast gleich bleibende Höhe des Bezugs bei andauernder Arbeitslosigkeit fördert die Jobannahme ebenfalls nicht. Zu alldem gesellt sich ein weiteres Manko: Die durchschnittliche Einkommensverbesserung beim Wiedereinstieg fällt in Österreich wegen des Wegfalls von Transferleistungen und des Anfalls von Abgaben besonders gering aus.

All das zeigt, dass Österreich sehr wohl Handlungsbedarf am Arbeitsmarkt hat, auch wenn Reformen die Zahl der Jobsuchenden nicht mit einem Schlag halbieren werden. Regierung und Opposition sind jetzt gefordert, denn Dilettieren bringt ebenso wenig wie Hyperventilieren. (Andreas Schnauder, 15.1.2018)