Niederösterreichs SPÖ-Spitzenkandidat Franz Schnabl sieht bei der SPÖ Versäumnisse in der Sicherheitspolitik.

Foto: Regine Hendrich

STANDARD: Was war das Verrückteste, das Sie je getan haben?

Schnabl: Das Verrückteste werde ich jetzt sicher nicht verraten. Na ja, eigentlich bin ich ja seit meinem 19. Lebensjahr sehr seriös unterwegs, weil ich als Polizist schon ein gewisses Vorbild sein musste und auch sehr früh Vater geworden bin. Aber beim Skifahren sind wir als junge Burschen Lifttrassen-Schuss gefahren. Da geht es steil hinunter, du hast die Liftsäulen – eigentlich verboten deppert!

STANDARD: Ich frage, weil Sie auf einem Plakat anregen, man solle einmal etwas Verrücktes tun, nämlich SPÖ wählen. Bei der Landtagswahl 2013 erreichte Ihre Partei den historischen Tiefstand. Ist es deshalb so verrückt, Rot zu wählen?

Schnabl: Es gibt für keine Partei eine Grenze nach unten. Bei den Umfragen von vergangenem Mai haben wir gesehen, dass die Sozialdemokratie auch noch an Boden verlieren kann ...

STANDARD: Sie wollen mir jetzt aber nicht sagen, dass Sie mit einem Stimmenverlust rechnen?

Schnabl: Ich rechne nicht damit, aber das ist nicht selbstverständlich, sondern das Ergebnis monatelanger harter Arbeit samt Programmdiskussion.

STANDARD: Warum fehlt der Parteiname auf den Plakaten? Zieht die SPÖ nicht mehr?

Schnabl: Die Überlegung war, das besondere Vorzugsstimmenwahlrecht in Niederösterreich für uns zu nutzen. Und wir wollten damit wettmachen, dass der Franz Schnabl als Politiker in Niederösterreich nicht über die nötige Bekanntheit verfügt. Das liegt schlicht und einfach an der kurzen Zeit, die ich hier tätig bin.

STANDARD: Nach der Nationalratswahl lautete Ihre Analyse, die SPÖ habe es verabsäumt, das Thema Asyl und Migration ausreichend zu diskutieren. Welche Antworten haben Sie heute?

Schnabl: Die Diskussion ist noch in vollem Gang. Es ist ein Faktum, dass die österreichische Integrationspolitik nicht sehr erfolgreich war. Das Versäumnis der Sozialdemokratie in den letzten 20 Jahren ist, dass man gesagt hat: Bei der Sicherheit können wir nicht punkten, also überlassen wir das Feld anderen.

STANDARD: Abseits der Forderung nach mehr Polizei sind auch Sie bislang nicht mit einem Integrationskonzept aufgefallen.

Schnabl: Es ist eine Tatsache, dass es einen eklatanten Unterschied zwischen den Zahlen, Daten und Fakten und dem Sicherheitsgefühl der Bevölkerung gibt. Da gehört zunächst einmal die sichtbare Präsenz der Exekutive gestärkt.

STANDARD: Sollten Sie in die Lage kommen, eine Koalition zu bilden: Wäre die Rücknahme der Kürzung der Mindestsicherung eine Koalitionsbedingung für Sie?

Schnabl: Absolut. Außerdem bin ich zuversichtlich, dass die Verschärfungen vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden.

STANDARD: Ist die FPÖ unter Landbauer, der Mikl-Leitner als "Moslem-Mama" bezeichnet, ein möglicher Koalitionspartner?

Schnabl: Nein, das ist nicht akzeptabel. Wenn er sich nicht deutlich entschuldigt und sich die "Einzelfälle" in der FPÖ häufen, habe ich ein Problem damit.

STANDARD: Am Samstag gab es eine Demo gegen die türkis-blaue Regierung. Waren Sie dort?

Schnabl: Zur Demo kann ich leider nicht, weil ich bis 28. Jänner mit Terminen voll bin. Anlass gäbe es genug. Bisher deutet alles darauf hin, dass eine eklatante Benachteiligung der Schwächeren in der Gesellschaft stattfindet.

STANDARD: Sie prangern den politischen Stil in Niederösterreich an: viel Macht, wenig Kontrolle. Der Erwin-Pröll-Privatstiftung haben auch die SPÖ-Mitglieder der Landesregierung zugestimmt. War das ein Fehler?

Schnabl: Ja, das war es auf jeden Fall. Ich habe es nicht gemacht, aber das war mit Sicherheit ein Fehler.

STANDARD: Sie kritisieren die mangelnde Transparenz, aber es gibt ein Arbeitsübereinkommen mit der ÖVP. Wie passt das zusammen?

Schnabl: Das wurde im Jahr 2013 beschlossen ...

STANDARD: ... ist aber aufrecht.

Schnabl: Ich wollte das nur in den vier Monaten seit meiner Bestellung nicht aufkündigen. In dieser Form würde ich so etwas auf keinen Fall akzeptieren, es sei denn, die Partei zwingt mich dazu. Denn im Übereinkommen geht es weniger um Projekte als um Posten. Der Partizipationswunsch der SPÖ war 2013 offensichtlich so groß, dass es die Option, eine kantige Oppositionspolitik zu machen, nicht gab. Nach der Wahl müssen wir neu beraten, welche Linie wir danach fahren.

STANDARD: Was würden Sie inhaltlich anders machen? Stichwort Umweltbundesamt: Soll das nach Klosterneuburg umziehen?

Schnabl: Ich halte das für eine extrem schlechte Entscheidung. Es kostet eine Lawine, auch für das Land. Außerdem werden ja keine zusätzlichen Arbeitsplätze geschaffen.

STANDARD: Würden Sie die Grünen vermissen, sollten diese aus dem Landtag fliegen?

Schnabl: Ich hielte es für kritisch, würden wir nur einen Drei-Parteien-Landtag haben.

STANDARD: Auf einem Plakat werben Sie mit einem leerstehenden Kaufhaus und dem Slogan "VPNÖ: Versprechungen oft genauso leer wie die Geschäfte". Das Kaufhaus steht in Wilhelmsburg, dort ist ein SPÖler Bürgermeister. Das ist schon ein wenig dreist, oder?

Schnabl: Das ist ein Symbol für die Diskussion um die Raumordnung. Da haben wir viel vergeigt, indem wir die Fachmarktzentren, die Supermärkte an die Ortsränder verbannt haben. Die Geschäfte auf den Marktplätzen schauen dann aus wie das in Wilhelmsburg. Das Sujet haben wir genommen, weil die Agentur von dort ist. Der Fotograf musste nur ums Eck gehen. Wir sind eine sparsame Partei. (Karin Riss, 16.1.2018)